Jürgen Krüger
Hirnforschung

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Archiv Hirnbriefe 2009

52. Woche 2009 Zip-Code Zip code

51. Woche 2009 -

50. Woche 2009 -

49. Woche 2009 Bedingungen Conditions

48. Woche 2009 Nicht-Intentionalität Non-intentionality

47. Woche 2009 Nutzen des Bewusstseins 2 benefit of consciousness 2

46. Woche 2009 Grenzen einer Naturwissenschaft ohne Bewusstsein. Limits of a science without consciousness

45. Woche 2009 Zerstreut absentminded

44. Woche 2009 Den Faden verlieren losing the thread

42/43. Woche 2009 From monkey to human

41. Woche 2009 Gott God

40. Woche 2009 Ich-Konzept 3

39. Woche 2009 Vorläufer Predecessor

38. Woche 2009 Modell des Gehirns Model of the brain

36/37. Woche 2009 Nutzen des Bewusstseins 1 Benefit of consciousness 1

35. Woche 2009 Wiederholung 2 Repetition 2

34. Woche 2009 -

33. Woche 2009 Einen Neger erkennen Recognise a negro

32. Woche 2009 Umkippen Tip

31. Woche 2009 Wiederholung 1 Repetition 1

30. Woche 2009 Gehirn und Niere Brain and kidney

29. Woche 2009 Autismus Autism

28. Woche 2009 Gemütsbewegung Emotion

27. Woche 2009 Zwei Sorten von Sozialverhalten Two types of social behaviour

26. Woche 2009 "Zeit" im abgeschlossenen System    "Time" in a closed system

25. Woche 2009 Freier Wille Free will

24. Woche 2009 Taucherbrille Diving goggle

23. Woche 2009 -

22. Woche 2009 Ich-Konzept 2   Concept of "I" #2

21. Woche 2009 Time and the isolated brain (the "neurocosmos")

20. Woche 2009 Frage nach Kausalfolgen des Bewusstseins Causal consequences of consciousness

19. Woche 2009  Netzhaut auf der Stirn Retina on the forehead 

18. Woche 2009  Veröffentlichung Publication

17. Woche 2009  Schimpanse

16. Woche 2009  -

15. Woche 2009  Zelle cell

14. Woche 2009  Ich-Konzept ? Concept of "I" ?

13. Woche 2009   Geld Money

12. Woche 2009   Schule School

11. Woche 2009   Neuronales und phänomenales Niveau (level). "Intelligent design"

10. Woche 2009   Episodisches Gedächtnis Episodic memory

9. Woche 2009   Unbewusstes SehenUnconscious seeing

  8. Woche 2009   Visuelle Wahrnehmung Visual perception

  7. Woche 2009   Hirnrinde Cortex

  6. Woche 2009   Zombie

  5. Woche 2009   Aufmerksamkeit Attention

  4. Woche 2009   Sprache Language

  3. Woche 2009   "Bedeutung" auf der Zeitachse "Significance" on the time axis

zur 52. Woche 2009 (no letters for weeks 50 and 51)

Zip-Code Zip code

      [Nachträgliche Anmerkung vom 12. März 2013: statt "Prototyp" sollte man im folgenden Text besser den Ausdruck "Konzept" verwenden. Unter einem Prototyp versteht man nämlich ein mit sämtlichen Details ausgestattetes Einzelexemplar z.B. eines Autos. Hier ist hingegen im Zusammenhang mit dem Gehirn gemeint, dass z.B. das Konzept "Haus" viel weniger Beschreibungselemente enthalten kann als ein jedes tatsächlich existierendes Haus mit all seinen unzähligen individuellen Details.]


Würde ein Wissenschaftler nur die Aktivität aller Nervenzellen meines Gehirns kennen, nicht aber die phänomenalen Gehalte meiner visuellen Wahrnehmung, dann würde das Sehen, eher ähnlich dem Hören, als ein sequentieller Prozess erscheinen, der im Idealfall verständlich werden läßt, wie man mit einer bestimmten visuellen Situation zurechtkommt. Um die Leistungen des Sehens zu beurteilen, wäre er darauf angewiesen, festzustellen, wie ich mich in der betreffenden Situation verhalte, oder eventuell auch nur, welche erst später prüfbaren Beiträge zu erlernten Leistungen entstehen. Er könnte sich sogar darauf festlegen, die Aktivität von einigen meiner irgendwie speziell herausgepickten Nervenzellen als "mein Verhalten" aufzufassen. Aus all diesem ließe sich jedoch nicht entnehmen, dass ich nahezu die ganze visuelle Umgebung gleichzeitig, und stundenlang als konstant wahrnehme, während ich im Arbeitszimmer sitze, ständig die Blickrichtung verändere, oder gar herumlaufe. Vor allem würde man auf einer rein neurophysiologischen Grundlage gar nicht darauf kommen, nach einer solchen Konstanz zu suchen.

Gerade die Konstanz der wahrgenommenen phänomenalen Gehalte ist es aber, die damit zusammenhängt, dass man ständig etwas "sieht", so lange man die Augen offen hat und Licht ist. Dass dieser Konstanz eine ebensolche Konstanz neuronaler Erregungen (oder komplexer Erregungskomponenten) entspreche, ist wohl der größte weiterhin anhaltende Unsinn, den die Gelehrten im Bereich Neurophysiologie jemals hervorgebracht haben, zumal die zuständigen Experimentatoren unter ihnen ausschließlich deutlichste Nicht-Konstanz persönlich vorgeführt bekommen haben, ohne sich jemals darüber zu wundern.

Irgendeinen Zusammenhang zwischen den visuellen phänomenalen Gehalten und den neuronalen Erregungen möchte man aber doch vermuten. Nur ist dieser eher von der Art, wie eine Textdatei mit derselben, aber ZIP-komprimierten Datei zusammenhängt: Bei diesem technischen Datenkompressionsverfahren wird jedes Textelement als Prototyp nur einmal gespeichert. Wenn dasselbe Textelement im laufend hereinkommenden Text erneut auftritt, muss nur ganz grob und ungenau festgestellt werden, dass es dem Prototyp hinreichend ähnlich ist. Es wird jedoch nicht erneut gespeichert. Man hält nur fest, wo es hingehört.

Die neuronale Aktivität entspricht dem laufenden Originaltext. Hingegen auf dem phänomenalen Niveau des Bewusstseins erscheint als "Wahrnehmung" die Versammlung aller Prototypen. Die Wahrnehmung konstanter Szenenteile wird von überhaupt keinem zugehörigen (ungefähr) gleichzeitig laufenden physiologischen Prozess begleitet, sondern beruht auf "alten Daten". Man sieht "jetzt" immer wieder dieselben Details, die damals bei der Erstellung des Prototyps in diesem versammelt wurden. Daher kommt die absolute Konstanz der Wahrnehmung und die zeitliche Identität wahrgenommener Objekte. Wohlgemerkt handelt es sich nicht um einen "jetzt" erfolgenden Abruf eines physiologischen Gedächtnisses (welches sehr wohl im Moment der Erstellung eines Protoyps angelegt wird), sondern die phänomenalen Gehalte haben die Eigenschaft, sich in der genannten Weise zu verhalten. Dieser ganz wesentliche Punkt wird von den meisten Hirnforschern als unmöglich erachtet (jedoch nur im zeitlichen, nicht aber im räumlichen Bereich; siehe Hirnbrief 3. Woche 2009). Freilich bleibt damit die Natur der phänomenalen Gehalte klassisch- wissenschaftlich unerklärt, aber vielleicht gerade, weil sie diese Eigenschaft haben.

Ich nehme also jetzt Strukturen wahr, die jetzt von keinem meiner Neurone "signalisiert" werden. Diese Zuweisung unterliegt jedoch Regeln; zu einem früheren (vielleicht weit zurückliegenden) Moment werden die Neurone die betreffenden Strukturen signalisiert haben müssen, und ein Prototyp muss aus ihnen gemacht worden sein. Die Neurone müssen hin und wieder die Abwesenheit von Veränderungen der Prototypen prüfen. Dies ist allein schon wegen der Blickbewegungen kompliziert, deshalb ist die Unveränderlichkeitsfeststellung der gesamten Szene ungenau. In der Tat kann man das System leicht hinters Licht führen ("change blindness").

Bei einer echten Veränderung in einer bewusst wahrgenommenen visuellen Szene müssen die Neurone einen neuen Prototyp anlegen, der immer physiologisch abgespeichert wird, wenn auch mit unterschiedlicher Zerfallsdauer. Die Speicherung ist ein Teil des Managements für Unterbrechungen von Prozeduren (siehe Hirnbrief 44. Woche 2009).

Nun kann aber ein visueller phänomenaler Gehalt auch mit dem Abruf einer solchen physiologischen Abspeicherung in Zusammenhang stehen. Das ist dann eine Erinnerung.

Diese erscheint durchaus so ähnlich wie eine tatsächliche Wahrnehmung, nur fehlt ihr die Dauerhaftigkeit, wie sie bei tatsächlichen Wahrnehmungen normal ist. Vielmehr scheint sie irgendwie alsbald von allein zu verlöschen, jedoch ohne dass dabei der Eindruck entsteht, dass der Inhalt seinerzeit im Originalmoment tatsächlich verlosch. Ebenso wird der Beginn einer Erinnerung nicht als ein tatsächlicher Beginn der seinerzeitigen Originalszene erlebt. Auch kann ich mit offenen Augen vor meinem Bücherregal sitzen, dabei, wie immer, den Blick bewegen, und mich zugleich an eine vergangene visuelle Szene erinnern. Dabei entsteht jedoch kein Loch im Gesichtsfeld oder eine Wahrnehmungslücke; das Bücherregal bleibt in der Wahrnehmung visuell identisch und konstant. Nur liegen dieser Wahrnehmung physiologische Signale aus einem weit zurückliegenden Moment zugrunde, während die Signale für die Erinnerung "jetzt" abgerufen wurden. Die Neurone haben nichts vermischt, sondern haben alles der Reihe nach bearbeitet.

So ähneln die phänomenalen Wahrnehmungsinhalte eher einem zeitlichen Integral über die visuellen physiologischen Prozesse: Das Integral über ein einzelnes kurzzeitiges Signal bleibt formal konstant bis in alle Ewigkeit. Wenn freilich die Neurowissenschaftler immer nur Reize einschalten, dann entsteht sowohl eine neuronale Erregung, als auch eine Änderung des Integrals, so dass man leicht der simplen Vorstellung aufsitzt, Wahrnehmungsinhalte gingen einfach mit den physiologischen Prozessen einher ("neural correlate of consciousness"). Beim Gedanken an ein Integral ahnt man hingegen Böses: Man weiß nicht, wie weit zurück man vergangene, längst verloschene physiologische Zustände hätte berücksichtigen müssen.

Eine Erinnerung wird außerdem begleitet von einer in der Vergangenheit liegenden Zeitangabe, sowie von dem absolut zwanghaften Eindruck, dass man die erinnerte Szene nicht mit einer gegenwärtigen verwechseln darf, indem man sie wie eine reale Szene zur Grundlage eigener Motorik hernimmt: Man kann nicht im Sommer über den erinnerten zugefrorenen Teich gehen.

In einer zip-komprimierten Datei stehen die Prototypen, und zu einem jeden eine Liste von Zeitpunkten, zu denen der Prototyp aufgetreten war. Der Fall "Gehirn" unterscheidet sich insofern vom Beispiel einer Textdatei, als für jeden Prototyp zwar Zeitpunkte eingetragen sind, aber der Prototypgehalt gilt von einem solchen Zeitpunkt an weiterhin als existent, bis zum Eintreffen eines Widerrufs. Der Aufbau des Systems ist eher so ähnlich wie der der menschlichen Sprache: Die Aussage "Das Haus ist gelb" kann in einem Bruchteil einer Sekunde ausgesprochen werden (die Neurone können dann sogleich den nächsten Sachverhalt zur Aussage bringen), aber der Aussage-Inhalt bleibt im Prinzip ewig gültig, im Fall der Sprache auch für Zeiten vor der Aussage.

Der Mensch kennt den Zeitbegriff nur aus den Einträgen in seiner Zip-Datei. Hierzu, und zum Vorgang der Dekompression, schreibe ich weiteres in kommenden Hirnbriefen.

Zip code

     [Post-entry remark from march 12, 2013: Instead of the term "prototype" one should prefer the term "concept" since a prototype (e.g. of a car) is a single specimen with all its individual details whereas a concept (e.g. of a house) may have much less descriptive parameters than any individual house with all its details]


If a scientist knew only the activity of all the neurons in my brain, but not the phenomenal contents of my visual perception, then "seeing", similar to "hearing", would appear as a sequential process which under ideal conditions makes understandable how one can cope with a given visual situation. In order to judge the performance of "seeing" he would be obliged to determine how I behave in the situation in question, or even to determine only how some  abilities are learned, a fact which could only be examined later. He even could decide to consider the activity of some picked-out neurons as "my behaviour". However, from all this one could not derive that I simultaneously perceive nearly my entire visual surroundings as constant for many hours while I sit in my office, repeatedly changing the direction of my gaze, and even walking to an fro. In particular, on the basis of neurophysiology, one would not even have the idea that one should search for such a constancy.

However, it is just the constancy of the perceived phenomenal contents that has the effect that one continuously "sees something" as long as one's eyes are open and there is some illumination. It is certainly the greatest still persisting nonsense put forward by neuroscientists that the phenomenal constancy corresponds to a constancy of (perhaps complex components of) neuronal processes. This is all the more surprising as all the relevant experts have had the occasion to personally observe clearcut examples only of non-constancy, without ever having been astonished.

Yet, some connexion between neuronal processes and visual phenomenal contents may be expected. However, it is rather similar to the connexion between a text file and its zip-compressed version. In this technical procedure of data compression each text element is stored only once. When the same element appears again within the continuously entering stream of text, only a coarse check of similarity to the prototype is executed. It is not stored a second time. One only conserves the place where it belongs.

The neuronal activity corresponds to the original stream of text while on the phenomenal level appears, as a "percept", the collection of all prototypes. Thus, the perception of constant details of a scene is not accompanied (in time) by any corresponding physiological processes. Rather, it rests entirely on "old data". Over and over again, one perceives "now" the same details that have been collected when the prototypes were formed. This is the origin of the absolute constancy of perception and of the temporal identity of objects. Note that this is not a question of a present readout of a physiological memory (which, hovever, is formed with the generation of each prototype). Rather, it is a property of the phenomenal contents to behave in this way. This very essential point is considered by most neuroscientists as inacceptable (but only in the temporal, not in the spatial domain; see the letter of week #3, 2009). Of course, the nature of phenomenal contents remains hereby unexplained but the reason is perhaps just that property.

Thus, I now perceive structures that are not signalled now by any of my neurons. However, rules underlie this attribution. At some earlier instant the neurones certainly must have signalled the relevant structures, and a prototype must have made from them. Thereafter the neurones have to check the absence of changes from time to time. This is complicated already because of the eye movements; therefore the checks are not precise, and one can easily deceive the system ("change blindness").

When a genuine change occurs in a consciously inspected visual scene the neurones must make a new prototype. The latter is always stored physiologically albeit with different decay periods. The memorisation is a part of the management of interruptions of "procedures" (see the letter of week #44, 2009).

A visual phenomenal content can also be linked to a readout of such a physiological memory ("recall"). A recall appears to be similar to a true perception except that it lacks the durability which is common for true perceptions. Rather, a recall seems to wane by its own, without generating the impression that the original scene had been really waning. Similarly, the begin of a recall is not perceived as a real begin of the original scene. Note that I can sit in front of a book shelf, have my eyes open, move the direction of my gaze, and at the same time recall some past scene. Neither a hole in the visual field nor a blackout appears in my perception; the book shelf continues to be perceived unchanged and temporally identical. However, the neuronal activity responsible for this stems from much earlier times while the physiological process of the recall occurs "now". The neurons do not mix up anything, they process all this in orderly succession.

Thus the phenomenal contents of perception rather resembles a temporal integral over the visual physiological processes: the integral of a single brief signal formally remains at a constant level forever. To be sure, if neuroscientists only examine events close to switching on a stimulus then they obtain a neuronal excitation and also a change of the integral. From this they easily are mislead to believe that there is a simple temporal correspondence of neuronal processes and contents of perception ("neural correlate of consciousness"). Pondering about the integral one suspects inconvienient complications: one ignores how far back in time one would have to take into account the neuronal processes that have decayed since a long time.

Beyond this, a recall is accompanied by an indication of a time lying in the past. In addition, there is the compulsive impression that one should not confuse the recalled scene with a real one, by founding an own motor act on it: in summer time one cannot walk on the recalled ice on a pond.

In a zip-compressed file there are the prototypes, and, for each of them, a list of points in time at which the prototype occurred. The case of the brain differs from this insofar as there are points in time for each prototype as usual, but the contents of the prototype remains valid from that point in time on, until a cancellation occurs. Thus, the construction of the system rather resembles human language: One can utter "the house is yellow" in less than a second, and the neurones can immediately turn to process the next utterance while the contents of the utterance remains valid forever (in the case of language also before the utterance).

Humans know the concept of time only from the entries in the "zip file". I shall write more to this topic, and also to the issue of decompression, in forthcoming letters.

zur 49. Woche 2009

Bedingungen

Man hat zwar immer deutlich herausgestellt, dass die Art und Weise, wie ich "rot" empfinde, nicht ermittelt werden kann aus den physiologischen Prozessen in meinem Gehirn beim Anschauen einer Erdbeere, und sich auch nicht sprachlich erläutern läßt. Aber nicht nur für die Wahrnehmung von Farben, sondern überhaupt für die Gesamtheit aller phänomenalen Gehalte des Bewusstseins wurde nur selten versucht, nach Bedingungen zu suchen und diese zu ordnen, mit dem Ziel, die Beziehung der phänomenalen Gehalte zur Naturwissenschaft als weniger beliebig erscheinen zu lassen.

Eine wichtige Bedingung ist: Wenn man die phänomenalen Gehalte des Bewusstseins als Bedeutungen von irgendetwas auffasst, dann darf man nicht voreilig Behauptungen über dieses irgendetwas aufstellen, oder Gültigkeiten von naturwissenschaftlichen Regeln für die gesuchte Beziehung verlangen. Das gilt vor allem für die unvorsichtigerweise vertretenen Ideen, dass, wenn ich ein Bewusstsein habe, "folglich" andere Menschen auch eines haben müssen, oder auch, dass die Fortentwicklung der phänomenalen Gehalte des Bewusstseins zeitlich in etwa mit der Fortentwicklung neuronaler Prozesse im Gehirn einhergehe.

Oder: Wenn ich mich an den gestern heruntergefallenen Teller erinnere, dann gehört dazu ein gegenwärtiger physiologischer Vorgang in meinem Gehirn, und es gibt eine ebenfalls gegenwärtige "Bedeutung" auf dem phänomenalen Niveau meines Bewusstseins, die das Zerspringen des Tellers und auch die Tatsache, dass dies gestern war, zum Inhalt hat. Hier soll nur mal der Begriff "gestern" herausgegriffen werden, weil dieser, im Vergleich zum Teller, eine einfachere Detailstruktur hat, wenn wohl auch "gestern" nach Vergehen eines weiteren Tages zu "vorgestern" wird.

Auf jeden Fall begleitet derartige Vergangenheitsangaben die grundsätzliche Unmöglichkeit, durch eigene, freilich gegenwärtige Muskelkommandos den Teller gestern am Herunterfallen zu hindern. Auch scheint es nicht so ohne Weiteres möglich zu sein, durch irgendeinen neuronalen Prozess auf den gegenwärtigen Erinnerungsabruf in der Weise einzuwirken, dass dabei die (dann aber unzutreffende) Erinnerung an einen intakt gebliebenen Teller herauskommt. In letzterer Hinsicht ähnelt der Abruf einer direkten Sinnesmeldung. Es gibt in beiden Fällen die implizite zusätzliche Bedeutung "so und nicht anders war/ist es". Den "gegenwärtigen Fall" empfindet man in weit höherem Maß als unanzweifelbar als die Erinnerung, bei der unbedachte Naturwissenschaftler aber immer wieder die Ansicht vertreten, man könne durch zuverlässige technische Speicher, die man parallel zur Erinnerung in der Gegenwart ausliest, wenigstens die Zuverlässigkeitseinschätzung einer tatsächlichen gegenwärtigen Wahrnehmung erreichen. Das mag zwar zutreffen für die Details der Signale vom zersprungenen Teller, nicht aber für die Einschätzung, dass das Speichergerät ein Ereignis aus der Vergangenheit wiedergegeben hat, weil man ja zur Funktionsprüfung des Geräts zuvor in umgekehrter Weise die Erinnerung mitsamt dem Konzept "Vergangenheit" eingesetzt hat, und erst dann behauptet, dass das, was das Gerät ausgibt, aus der Vergangenheit stammt.

Die armen Studenten der Neurowissenschaften läßt man "abwickel-schwierige" Analysen simulierter Nervennetzwerke durchführen, weil die Professoren in diesem Bereich etwas wissen, und sie damit die Studenten aalglatt an "nachdenk-schwierigen" Fragen, wie die obige, vorbeilenken können.


Conditions
It has always been stressed that the way
how I experience "red" cannot be derived from physiological processes that are active while I view a strawberry. Also, a spoken explanation does not help. However, it has rarely been attempted to find conditions, and to order them, that are valid not only for the perception of colours but for the entire ensemble of phenomenal contents and their embedding in natural science.

An important condition is: If the phenomenal contents of consciousness are taken to be significances of something, then it is not admissible to prematurely utter assumptions about that "something", or to claim that rules of natural science must be valid for that unknown relationship. So it is an imprudent idea to "conclude": if I have consciousness, then other persons must have consciousness, too. Or to assume that the temporal progress of phenomenal contents roughly parallels that of "corresponding" neuronal processes.

Or: When I recall a dish that fell down yesterday, then this is accompanied by a present physiological process in my brain, and there is a present "significance" on the phenomenal level of my consciousness whose contents is the falling and then breaking of the dish, and the fact that this happened yesterday. Here only the term "yesterday" will be picked out because it has a simpler structure in detail, although it becomes "before yesterday" when one additional day has passed.

Such indications of a past are invariably accompanied by the impossibility to avoid the past falling of the dish by own present muscular commands. Nor does it seem easily possible to generate an additional neuronal process whose effect is that the recall process is altered in a way that the dish does not fall down. In the latter respect a recall seems falsification-resistant similarly to a direct sensory perception. In both cases there is an additional implicit significance stating that "it occurs/(ed) precisely in this way". However, a present perception seems to be much less doubtful than a recall. Yet, imprudent scientists continue to maintain that one can lower the level of doubtfulness of a recall to the one of a direct perception by using a reliable technical storage device. This may indeed be true for the details of the cracking dish but not for the issue of whether the storage device has reproduced a past event. The reason is that beforehand, in a converse way, one had to apply one's a priori knowledge of the concept of "the past" in order to test the ability of the device to store and reproduce past events.

Poor neuroscience students are obliged to do "procedure-difficult" analyses of simulated neuronal networks because the professors have some knowledge in this domain, allowing the latter, slippery as eels, to elude "thought-difficult" questions such as the ones addressed here.

 

zur 48. Woche 2009

Nicht-Intentionalität Non-intentionality

Wie ich nun in Diskussionen bemerke, wird die Aussage im Brief Nr 44, dass die Natur immer den Faden verliert, offenbar leicht mißverstanden, obwohl für das Gegenteil, nämlich (oftmals) nicht den Faden zu verlieren, schon seit einigen Jahrhunderten der Begriff "Intentionalität" existiert.  Diese gilt als eine wesentliche distinktive Besonderheit des Bewusstseins. Offenbar haben die Philosophen versäumt, die solide naturwissenschaftliche Verankerung der Nicht-Intentionalität zu verdeutlichen, die sich in der Differentialnatur aller physikalischer Grundgleichungen* manifestiert.

Jedenfalls passiert es in der Hirnforschung immer wieder, dass heimlich doch eine Art "naturwissenschaftliche Intentionalität" (die es natürlich nicht gibt, solange * zutrifft) angenommen wird. So geistert in dieser Wissenschaft die Idee herum, dass derselbe 10 mal angeschaute Schraubenzieher, möglichst sogar so, dass sein Bild immer auf dieselbe Stelle der Netzhaut fällt, "eigentlich" 10 mal dieselbe neuronale Reaktion im Gehirn hervorrufen sollte, aber andere Prozesse (wohldefinierte, aber experimentell nicht kontrollierte, oder aber einfach nur "Rauschen") sich dem neuronalen Geschehen überlagern, so dass die tatsächlich registrierten Reaktionen ungleich sind. Man ist sich sehr wohl im Klaren darüber, dass der ersatzweise hergenommene Mittelwert aus den 10 Reaktionen nicht der erwartete "eigentlich immer gleiche" Wert ist.

Der entscheidende Vorwurf, den man der Hirnforschung machen muss, ist, dass man überhaupt der Ansicht ist, dass da irgendetwas im Gehirn "eigentlich" gleich sein sollte, nur weil der Experimentator auf seinem phänomenalen Niveau die wiederholte Gleichheit des dargebotenen Reizes vorfindet, und es eine Aufgabe des Gehirns sei, diese Gleichheit zu erkennen. Dabei fangen die Probleme ja schon damit an, dass die neuronalen Reaktionen im Gehirn des genannten Experimentators einander nicht gleich sind.

Hingegen würde man bei der Untersuchung von zellulären Nierenfunktionen, oder Messungen von Schilfneigungen im Windkanal, zwar ebenfalls Mittelwerte von Reaktionen heranziehen, aber in diesen Fällen würde niemand behaupten, dass die Reaktionen eigentlich deshalb gleich sein sollten, weil die Niere/das Schilf ja die Gleichheit des dargebotenen Einflusses (10 Glas Bier bzw. 10 mal dieselbe Windstärke) erkennen müsse. Vielmehr sagt man in diesen Fällen, dass das jeweils untersuchte System mit der variablen Vielfalt der Reaktionen zurechtkäme; etwas Besseres, oder Genaueres, würde nicht benötigt. Für eine Beschreibung des untersuchten Systems ist das auch ausreichend. Dass da für die Niere/das Schilf der vorgegebene Einfluß immer derselbe war, "erkennt" die Niere/das Schilf nicht.

So ist es auch für das Gehirn: Es muß zurechtkommen mit 10 gleichartigen Darbietungen jenes Schraubenziehers. So ausgedrückt, merkt der Leser sogleich, dass sein ganzes Gehirn wohl nicht jedesmal genau das gleiche tun wird, und ich kann Ihnen versichern: den angeblichen Gehirnteil, in dem in solchen Fällen doch jedesmal dasselbe passiert, gibt es nicht, und auch nicht, in einer komplexen Signalüberlagerung, eine immer gleiche Komponente.

Vielmehr bleibt es dabei, wie schon im vorigen Hirnbrief gesagt: Die Gleichheit ist ein riesiges Problem, das auch die Physiker interessieren muss, und das uns dazu zwingt, das phänomenale Niveau des Bewusstseins einzubeziehen. Man wird sich in weiteren Hirnbriefen damit zu befassen haben.

Non-Intentionality

I have noted, in recent discussions, that the statement in letter #44 (namely "nature always loses the thread") is sometimes misunderstood. This is surprising since "not to lose the thread" is called "intentionality" since many centuries, and is even taken as a major distinctive characteristic of consciousness. Obviously, philosophers have failed to clearly state that non-intentionality is firmly anchored in natural science, by the fact that all known fundamental natural laws are differential laws*.

Apparently it is this failure that has lead neuroscientists to the covert assumption of a "scientific intentionality" (which of course cannot exist as long as * is valid). The idea haunts neuroscience that the same screwdriver, viewed 10 times (if possible even in a way that each time its image falls on the same part of the retina) should evoke 10 times the same neuronal reaction. Other well-defined but experimentally uncontrolled processes, or simply "noise", are then superimposed on these reactions, so that the latter differ from each other. Neuroscientists clearly know that taking the average response as a substitute is not equivalent to the set of 10 truly equal reactions.

The bold reproach to neuroscience is its domination by the idea that "something should be equal in the brain" in such cases. That idea only exists because the screwdrivers repeatedly appear as equal on the phenomenal level of the experimenter. Neuroscientists conclude that it should be a task of the brain to recognize this equality. However, the problem already begins with the fact that the neuronal processes in the experimenter's brain are not equal among each other.

In investigations of cellular kidney functions, or measurements of the bending of reeds by the wind, one also would rely on averages of reactions. However, no one would pretend that these reactions should be equal for the reason that the kidney/the reed should recognize the equality of the repeated influences (10 pints of beer/10 times the same wind velocity). Rather, in these cases one would say that the investigated system can cope with the manifold of reactions. Nothing more precise is required, and it is sufficient for a description. The kidney/the reed cannot recognize that the applied external influences were repeatedly equal.

This applies also to the brain: it has to cope with 10 equal presentations of a screwdriver. Expressed in this way, the reader immediately feels that in his/her brain each time a different activity will run. I can ascertain that neither an alleged brain part exists in which repeatedly equal reactions will be found, nor repeatedly equal components of some complex superposition of signals.

Rather, the issue remains as stated in the previous letter: Equality is an immense problem in which also physicists must be interested. It will force us to take into account the phenomenal level of consciousness. Forthcoming letters will continue to treat the issue.

zur 47. Woche 2009

Nutzen des Bewusstseins 2 benefit of consciousness 2

(siehe auch Brief 37/38)  Die folgende Geschichte hat nur oberflächlich etwas mit dem Bewusstsein zu tun: Was man bei einem quantenmechanischen Experiment sieht, ist ausschließlich von klassischer Natur: Führt man ein Experiment zum Durchgang eines Elektrons durch einen Doppelspalt durch, dann sieht man u.a. die Elektronenquelle, und nach dem Durchgang einen einzelnen punktförmigen Lichtblitz auf einem Leuchtschirm. (Vielleicht ist das hier nicht wirklich detailgerecht wiedergegeben.) All dieses "gibt es" in einer klassischen Welt. Nur kann man den Zusammenhang zwischen verschiedenen Einzelheiten der Anordnung und des Ablaufs nicht klassisch verstehen. Die Rechnung, die den Zusammenhang herstellt, enthält auch Wellenfunktionen, von denen es ohnehin schon heißt, sie seien unbeobachtbar. Diese könnte man also als eine Art von rein rechentechnischer Zwischenstation zwischen ausschließlich klassischen Entitäten ansehen, wobei es nur der durch die Rechnung gegebene  Zusammenhang ist, der neuartig ist. Damit wird nicht ausgesagt, dass die Wellenfunktionen existieren.

Wenn das alles wäre, dann hätte man einfach nur einen neuartigen (freilich unübersichtlichen) Zusammenhang innerhalb des Naturgeschehens gefunden. Es ist aber noch mehr passiert: Erstens ließ sich die Idee, Beobachtungen im Grenzfall als wechselwirkungsfrei anzusehen, grundsätzlich nicht aufrechterhalten. Und zweitens traten, gerade eben bei Beobachtungen, im Rahmen der Quantentheorie echte Spontanprozesse auf, d.h. solche, die grundsätzlich nicht auf einen Vorläufer zurückzuführen waren, bis auf ein paar Wahrscheinlichkeits-Einschränkungen. So etwas gibt es in der klassischen Wissenschaft nicht. Damit war sozusagen dem Gebäude der klassischen Physik ein Teil seiner Fundamente entzogen; die Quantentheorie war nicht einfach nur ein neuer Zusammenhang im alten Rahmen.

In der neurowissenschaftlichen Szene gibt es einige Gelehrte, die meinen, es käme für eine jede menschliche üblicherweise als mit dem "Hirn" verknüpft angesehene Funktion ausschließlich auf die physiologischen Prozesse an. Das Bewusstsein sei bestenfalls eine einflusslose Begleiterscheinung, die sich ebensogut im hirnphysiologischen Geschehen widerspiegele. Im Sinne des oben Gesagten wäre sie bestenfalls eine Art von rechnerischer Zwischenstation. Würde man demnach die Neurowissenschaft erweitern, um das Bewusstsein mit einzuschließen, so würde man zwar zusätzlich die Bewusstseinsphänomene richtig beschreiben, aber letztlich nichts an Erklärungskraft hinzugewinnen.

Danach sieht es aber nicht aus. Vielmehr kommen auch hier Sachverhalte zum Vorschein, die wegen des Bewusstseins die Fundamente der Neurowissenschaft, oder auch der Naturwissenschaft, untergraben. Einige Punkte sind im vorigen Hirnbrief Nr. 45 genannt; über diese hinaus ist der Begriff "Begleiterscheinung" hauptverdächtig, weil das "Begleit..." ein zeitliches Miteinander-Einhergehen von phänomenalen Gehalten und physiologischen Vorgängen nahelegt. Dies trifft jedoch in einigen Fällen, die der Intuition völlig zuwiderlaufen, nicht zu, wodurch zugleich das Konzept der "Zeit" unsicher wird. Weiteres in den kommenden Hirnbriefen.

Benefit of consciousness 2

(See also the letter 37/38) The following story is only superficially related to consciousness: Whatever one observes in a quantum mechanical experiment is "classical" in nature. Doing an experiment of an electron passing through a double slit, one observes some instruments, one sees the electron gun, and at the other end, a single pointlike flash appearing on a luminescent screen (perhaps this description is defective in detail). All this exists in a classical world. It is only the link between the details of the arrangement and of the process that cannot be understood in classical terms. The calculus that provides the link also contains "wave functions" that already are reputed to be non-obervable. One might be inclined to take them as mere "calculo-technical intermediate stations" between exclusively classical entities, just forming a new link between the latter. Thereby no statement on the existence of wave functions are made.

If that was all, one just would have found a new (admittedly very complex) link within the processes of nature. However, there is more: Firstly, the idea of observations being possible, at the limit, without physical interaction, could no longer be maintained. Secondly, just in the context of observations, truly spontaneous events occurred whose occurrence could by principle not be traced back to some forerunner, except for some probability restrictions. This does not exist in classical science. Thus, classical physics was deprived of some of its foundations; quantum theory was more than just a new link within an established framework.

There are some scholars of neuroscience who believe that only the physiological processes are relevant for any function that is commonly believed to be asscociated with the brain. At best, consciousness is viewed as an epiphenomenon without any influence. What is relevant of consciousness would be fully reflected by physiological processes. In the sense of the statements above consciousness would at best be a kind of "calculo-technical intermediate station" between physiological events. Thus, according to this view, if consciousness was somehow included into science, one would indeed get a description of pertinent phenomena but finally no extra explanatory power would result.

However, it is not looking good for that. Rather, here again, issues appear that undermine the foundations of science. Some points are mentioned in the preceding letter no. 45. Beyond these, the concept of an "epiphenomenon" is very suspicious because it implicitly suggests that phenomenal contents of consciousness come along in time with physiological processes, i.e., the ones progress in time with the others. However, this is not true in some cases that are absolutely counterintuitive. Following this, also the concept of "time" becomes precarious. More to these topics comes in the following letters.

zur 46. Woche 2009

Grenzen einer Naturwissenschaft ohne Bewusstsein Limits of a science without consciousness

In der klassischen Wissenschaft gibt es eine Welt mit Naturgesetzen, Objekten, Lebewesen und Gehirnen in diesen, aber es gibt kein Bewusstsein. Eine jede Beobachtung würde dann letztlich von einem (im Prinzip) neurowissenschaftlich beschreibbaren Gehirn ausgeführt. Hinzu kommt die Annahme, dass bei einer Beobachtung zwar physikalische Wechselwirkungen vorkommen, diese aber grundsätzlich zu Null gemacht werden können, so dass die Beobachtung den beobachteten Vorgang nicht beeinflusst.

In diesem System fehlen jedoch einige für die Wissenschaft erforderliche Elemente:

Erstens fehlt die "Identität". Dieses Konzept findet man jedoch auf dem phänomenalen Niveau des Bewusstseins: Z.B. bleibt dieser Stuhl vor mir identisch, während die Zeit vergeht. Ein Gehirn, oder auch ein technisches Gerät, könnte den Stuhl bestenfalls als "so ähnlich wie zuvor" darstellen, wobei das technische Gerät zwar vielleicht genauer wäre als das Gehirn, aber es lieferte doch nie eine Identität im mathematischen Sinne. Die zahlreichen statischen Dinge in der Natur erscheinen jedoch bei einer Beobachtung auf dem phänomenalen Niveau des Bewusstseins als identisch, und somit wiederholbar. So tauchen sie auch in der Naturwissenschaft auf. Dabei bleiben sie noch gar nicht mal physikalisch identisch, wie z.B. ein lebender Baum.

Zweitens fehlt die "Bedeutung": im Rahmen der Naturwissenschaft bedeutet ein physiologischer Prozeß, egal ob in der Niere oder im Gehirn, grundsätzlich nichts.

Ganz allgemein ist "A bedeutet B" keine naturwissenschaftliche Beziehung, aber die phänomenalen Gehalte des Bewusstseins sind eigentlich allesamt "Bedeutungen" von irgendetwas, vielleicht von physiologischen Hirnprozessen. Es kann durchaus Korrelate geben, zB zwischen dem Essen eines Salzherings und einer bestimmten Nierenaktivität. Diese Aktivität bedeutet aber nicht einen Salzhering; mit solchen Konzepten wird bei der wissenschaftlichen Untersuchung der Niere nicht gearbeitet. Um Wissenschaft zu betreiben, brauche ich aber Beziehungen von der Art "die Zeigerstellung des Ampèremeters bedeutet einen Strom von 1 Ampère" (wohingegen die Länge des Zeigers nichts bedeutet). Derartige Beziehungen findet man auf dem phänomenalen Niveau des Bewusstseins.

Drittens können zwar die physikalischen Wechselwirkungen bei der Beobachtung (z.B. die durch Licht verursachten) als im Grenzfall verschwindend angesehen werden, dennoch muss der Beobachter zwangsläufig eine physikalische Entität sein, denn ein Gehirn kann nicht ein Objekt darstellen, ohne dass dieses selbe (oder überhaupt irgendein) Gehirn überhaupt vorhanden ist. Hingegen phänomenal erscheint ein Objekt als absolut unabhängig vom Beobachter; es überbrückt vor allem auch die völlige Abwesenheit des letzteren, und ist, wenn man es erneut anschaut,  identisch mit dem vorhergehenden, und erscheint als durchgehend zeitkonstant. - Dieses steht im Gegensatz zur naturwissenschaftlich (im Prinzip) vollständig verständlichen Fähigkeit, unbewußt visuell gesteuert den Fuß über eine Wurzel auf dem Waldweg zu heben. Dieser Vorgang kann ohne Rückgriff auf "Bedeutungen" beschrieben werden, aber es kommt auch zu keiner Unabhängigkeit der Wurzel von der Person. Die Wurzel existiert für einen solchen Vorgang nur, so lange diese Fußansteuerung erforderlich ist. Es entsteht vielleicht eine (kumulative) Gedächtnisspur, die das Fußheben verbessert, wenn ich oft über Wurzeln steige, aber mit diesem prozeduralen Gedächtnis kann ich "die Wurzel als solche" nicht abrufen.

Schließlich sind die phänomenalen Gehalte subjektiv: Sie sind nur für mich selbst feststellbar. Dass der Begriff "Bewusstsein" auch als das physiologisch feststellbare Gegenteil von Bewusstlosigkeit verwendet wird, ist hier nicht gemeint.

Die Naturwissenschaft muß erweitert werden, um die genannten Punkte mit einzubeziehen. Wie das zu geschehen hat, ist nicht bekannt, aber in den folgenden Briefen wird versucht, Eingrenzungen anzugeben.



Limits of a science without consciousness

In the classical sciences there is a world with laws of nature, objects, and living beings having brains. However, there is no consciousness. Thus, any observation would then have to be executed by a brain that can (at least in principle) be described by neuroscience. In addition the physical interactions underlying the observation act can in principle be assumed to be reducible to zero: the act of observation does not influence the observed event.

However, some elements required by science are lacking in this system: Firstly, on the phenomenal level of consciousness there is a concept of "identity": for instance, this chair in front of me remains identical while time passes. In contrast, a brain, or a technical instrument could at best represent the chair as "similar to the one before". Perhaps the technical instrument would be more accurate. Yet, it could not deliver the notion of identity in a mathematical sense. However, when observed, the numerous static things in nature remain identical on the phenomenal level, and therefore they can appear as repeatable when they appear in science. In reality they are often far from maintaining a physical identity: the "same" tree grows from one year to the next.

Secondly there is no "significance": Within the framework of natural science a physiological process within the kidney or the brain signifies
nothing. Generally, "A signifies B" is no scientific relationship, in contrast to the phenomenal contents of consciousness which altogether are significances of something (possibly of brain processes). There can only be correlates, for instance between the eating of a pickled herring and a certain activity of the kidney. Yet, that activity does not "signify" a pickled herring: the physiological investigation of the kidney does not rely on such concepts. However, in science one needs relationships of the kind "the position of the pointer of the ampèremeter signifies a current of 1 ampère" (while the length of the pointer signifies nothing). These relationships are found on the phenomenal level of consciousness.

Thirdly, while the physical interactions during the act of observation, e.g. by light, can be thought to be zero, the observer himself must remain a physical entity: An event cannot be represented by a brain or by another device without that brain or device being existing. In contrast to this, any object appears phenomenally to be absolutely independent from the observer; it can even bridge the gap during a complete absence of the observer. After such an interruption, it appears to be identical with the previous one, and having existed continuously in a constant manner. - This is in contrast to the ability to lift the foot unconsciously but by visual guidance to avoid stumbling over a root crossing the path in the woods. This ability can in principle be fully understood by present-day neuroscience, and one need not rely on "significances". However, there is no separation of the root from the person. Within such a process the root exists only as long as the foot must be controlled. Possibly a (cumulative) memory trace is generated which improves the frequent lifting of the foot but this procedural memory does not allow to retrieve the "root as such".

Finally, the phenomenal contents of consciousness are subjective: they appear only within myself. The  physiologically manifest state of "unconsciousness" as opposed to "consciousness" is not meant here.

Science must be widened to incorporate the aspects mentioned here. It is not known how this can be achieved. In subsequent letters it will be attempted to delineate at least some relevant restrictions.


zur 45. Woche 2009

Zerstreut

Zerstreutheit wird oft mit dem typischen klassischen Professor in Zusammenhang gebracht. Eine ziemlich abrupt einsetzende heftige Zerstreutheit kam bei mir folgendermaßen zustande: Ich sitze hier, seit 4 Jahren im Ruhestand, in einem Raum der Universität, habe in dieser Zeit nichts veröffentlicht, und jüngere Forscher benötigen dringend Räume. Ich hatte mir vorgenommen, als Ruheständler nur noch hochriskante Projekte zu verfolgen, die der normale Wissenschaftsbetrieb kaum zu verfolgen zuläßt. Vor 11 Monaten wurde ich  mal gefragt, wie lange ich noch zu bleiben gedenke. Auf meine Angabe, dass ich da zur Zeit keine Grenze sehe, erfolgte überhaupt keine Reaktion.

Jetzt verfügte der Leiter des Instituts vernünftigerweise, weil einer meiner Rechner in meiner Abwesenheit eine Internetstörung verursacht hatte, diesen abzuschalten, aber in unübertrefflicher Feinheit auch, dass dieser nach der Störungsbehebung auf keinen Fall wieder eingeschaltet würde. Ich erhielt nur eine Kopie dieser Verfügung.

Nach dieser Rausschmißerklärung begann in meinem Inneren ein mir ziemlich automatisch erscheinender Mechanismus ständig laufender innerlicher Rechtfertigungsreden, die das Bewusstsein belegten, und es wurde deutlich, dass dem Bewusstsein nur ein Prozessor unterliegt. Wenn dieser arbeitet, dann können keine anderen bewußten Prozesse laufen. Dadurch entstand die Zerstreutheit. Beispielsweise wollte ich meinen Computerrucksack von der Wohnung in jenes betreffende Dienstzimmer mitnehmen. Auch hatte ich auf dem Wege ein Brot kaufen wollen. Als ich ankam, hatte ich weder Brot noch Rucksack dabei. Hingegen das Orientierungsvermögen war offensichtlich nicht beeinträchtigt, denn ich kam ja an. Sonst würde das Sprichwort: "was man nicht im Kopf hat, muss man in den Beinen haben" nicht funktionieren. Heftige innere Reden liefen derweil. Diese wurden dann aber doch unterbrochen, weil die auf Orientierungsbasis laufenden prozeduralen Vorgänge an ihr Ende kamen: ich bemerkte, dass ich wieder nach Hause fahren mußte (5 Minuten). Da hätte ich das Brot kaufen, und dann gleich in die richtige Richtung, nämlich nach Hause, mitnehmen können: wieder nichts. Schließlich hatte ich den Computerrucksack und auch das Brot im zweiten Anlauf.

In der Familie wurde bemerkt, dass ich eine Flasche Bier ins Tiefkühlfach und eine zweite für später in den Kühlschrank gestellt hatte. Als ich nach 20 Minuten kühles Bier trinken wollte, nahm ich (das geht ziemlich prozedural, ohne Bewusstsein) die aus dem Kühlschrank anstatt der schon kälteren aus dem Tiefgefrierfach. Währenddessen mahlt in meinem Inneren eine Widerrede zu einer gerade schriftlich erhaltenen Aussage, dass man halt heutzutage im Forschungsbetrieb einen Artikel in der Zeitschrift "Nature" und eine Forschungsförderung vorweisen müsse. Dabei hatte ich ja nur gebeten um ein minderwertigen Raum, den sonst keiner benutzen würde, von denen es im Gebäude einige gibt. Jetzt bemerke ich, dass ich die gerade gekauften, dringend umzubauenden Greifzangen für einen Spiegelneuronversuch im Auto vergessen habe, weil im Inneren die Rede dominiert, dass die Zeitschrift Nature vielleicht bald auch für die Besiedelung eines Erdlochs herhalten muß, ähnlich dem, in dem sich Saddam Hussein zuletzt aufgehalten hatte.

Bemerkensweit ist dabei, dass das Bewusstsein in diesem Fall in einem praktisch völlig abgeschlossenen System arbeitet, nämlich gehen die inneren Reden nur von Gedächtnisinhalten aus, und produzieren erneut ebensolche. Weder Signale an den sensorischen noch den motorischen Schnittstellen sind beteiligt. (Dies ist bedeutsam im Zusammenhang mit dem anderswo schon besprochenen Konzept des "Neurokosmos".) Hingegen die nebenher laufenden unbewußten Prozeduren umfassen auch Schnittstellensignale, können aber nur durch eine von außen aufgezwungene andere Prozedur, oder aber durch einen bewußten Prozeß unterbrochen werden, etwa um unterwegs ein Brot zu kaufen.

Wichtig ist eine strenge Kontrolle der Schnittstellen, vor allem, wenn man sich in einem rechtlosen Zustand befindet: wäre vor allem die Motor-Schnittstelle "undicht", dann würden meine inneren Reden nach außen dringen.

zur 44. Woche 2009

Den Faden verlieren Losing the thread

Im letzten und auch in früheren Hirnbriefen steht etwas über den Umgang mit Unterbrechungen von Prozeduren: Es genügt nicht, nach einer Unterbrechung den Stand des bis dahin Erreichten einfach sensorisch erneut zu erfassen, um dann von da aus weiterzumachen. Damit würde man sich beschränken auf nur diejenigen Fälle, in denen sich am Erreichten zwischenzeitlich nichts ändert. Genau das ist es, was Tiere von Menschen unterscheidet: sie können keine Tierzucht betreiben, kein Schule absolvieren, und nicht im menschlichen Sinne sprechen, weil diese Tätigkeiten nicht hintereinander weg in einem Stück abwickelbar sind, und andererseits die bis zu einer Unterbrechung erbrachten Teilleistungen nicht unverändert erhalten bleiben. Hinzu kommt, dass die sensorisch nach einer Unterbrechung zur Verfügung stehenden Sinnessignale die für eine Fortsetzung nötigen Details nicht in ausreichendem Maße enthalten. Wegen dieser Einschränkungen konnten sich bei Tieren keine allzu langdauernden (nicht-repetitiven) Prozeduren entwickeln, wenn die Außenwelt nach Unterbrechungen keine brauchbaren Details zur Wiederanknüpfung hergab. Am schlimmsten ist in dieser Hinsicht die Sprache: Kaum gesprochen, sind die Schallwellen unwiederbringlich abgeklungen.

Es ist schon besprochen worden, dass die Erfindung des episodischen Gedächtnisses die Lösung für ein flexibles Unterbrechungsmanagement ist. Rein neurotechnisch gesehen ist dieses eine lediglich quantitativ anders ausgelegte Sonderform des uralten prozeduralen Gedächtnisses. Aber es ist eine gefährliche Variante, denn sie ist darauf abgestellt, scheinbare Sinnessignale zu falschen Momenten zu erzeugen.

Man kann selber für kurze Momente verspüren, vor allem in höherem Alter, wie es ist, wenn man ein Tier ist: Wenn eine Rede über ein längeres Thema unterbrochen wird, weil unerwarteterweise jemand an der Tür klopft, kann es danach passieren, dass man "den Faden verloren" hat, wenn man nämlich keine ordentliche, genügend lang anhaltende Speicherung für die Überbrückung vorgenommen hat. Ein Tier würde bei Unterbrechungen beliebiger nicht-repetitiver Prozeduren immer den Faden verlieren, sofern aus der Außenwelt (plus der schon zu Beginn vorhandenen Interessenlage) nicht erkennbar wird, wie weitergemacht werden muss.

So ist es ganz allgemein in der Natur: Ein Apfel fällt von einem Baum, wird aber unterwegs aufgefangen. Es gibt kein allgemeines Gesetz, demzufolge die Natur erzwingen kann, oder "ein Interesse daran hat", dass die ursprüngliche Fallbewegung fortgesetzt wird. Das äußert sich in der Tatsache, dass alle bekannten physikalischen Gesetze Differentialgesetze sind: Für Zeitverläufe bedeutet das, dass für den nächsten Schritt nur die unmittelbar vorausgegangene Situation eine Rolle spielt: Die Natur "verliert immer den Faden".

Losing the thread

In previous letters the treatment of interruptions of procedures has been considered: In order to continue a procedure, it is not sufficient to take up sensory signals from the latest partial achievements. Doing no more than that one would limit oneself to those cases in which the partial achievements remain constant during an interruption. Exactly this is the limitation of animals: Neither can they breed animals, nor study at school, nor speak in the human way. The reason is that these actions cannot be executed in a single continuous run, and the effects of partial achievements, before the interruption occurred, do not persist without change. Anyhow, in addition, they possibly would not contain enough detail for forming the basis of a continuation. Because of the increasing risk of starting a (non-repetitive) procedure that is likely to be fruitless due to an interruption, animals could not evolve particularly long-lasting procedures. The worst example is speech: once emitted, the sound waves decay immediately.

The dangerous human remedy was the invention of generating apparent sensory signals at a wrong instant ("episodic memory"). This topic has already been discussed. Neurotechnically it is only a quantitative modification of the primeval procedural memory.

For a brief instant you can experience yourself (in particular when you are older) how it is to be an animal: You give a speech. Unexpectedly someone knocks at the door. After the end of that interruption you may have "lost the thread", i. e. you did not provide for a sufficient deposit of episodic memory for covering the interruption. An animal would
always lose the thread if it cannot recognize how to continue from relevant traces from the outer world (plus the continuing existence of the drive for the action).

Exactly this is the general situation in nature: An apple falls down from a tree but I catch it. There is no general law due to which nature can enforce (or is "interested" in) the continuation of the original movement. This is manifest by the fact that all known natural laws of physics are differential laws: For time courses this signifies that only the immediately preceding situation is relevant for the next step: nature always "loses the thread".

zur 42/43. Woche 2009

 

 From monkey to human

Among neuroscientists there is an unwritten consensus about the differences between monkey and man: monkeys are "humans minus language" while the remaining faculties are present to a reduced extent.

Here the statement ".. minus language" will be made more specific.

The biological construction principle of the head is remarkably stable from fish (or even insect) to frog to bird to rat. One may conclude that there is a particularly high obstacle on the way to possible alternatives. Here the relevant feature is that the principal effector, not for locomotion but for "mani"pulations, i. e. the mouth or the beak, is rigidly coupled to the eyes. In cases of visually guided actions, the animal has to take care only of
two relevant positions: that of the object acted upon, and that of the eyes which in turn have some rigid neuronal coupling to the effector position.

Monkeys with huge brains have introduced the use of hands. The consequence is that they have to take into account
three positions, namely those of the object, of the hand and of the eyes. Instead of the above rigid coupling they have evolved a powerful control machinery for visually guided manipulations.

One can learn from robot engineers who build video-guided grasping tools that the introduction of a foreign, similarly looking tool into the visual field of the camera will lead to a severe perturbation of the control circuitry. This is the "new problem" introduced by the evolutionary step towards monkeys. They had to evolve a supplementary control which is: "Sensorily controlled manipulations must be based on sensory impressions of
own hands. Block the hand motor output if signals from foreign hands are recognised". Or stated otherwise: "Don't attempt to base motor commands on pertinent sensory impressions that are, in some sense, fictive." No such rule was necessary in other animals.

Another stream of cerebral evolution went towards increasingly complex and long-lasting non-repetititve procedures. ("Procedures" are "bicycle riding", or "eating with a spoon", or "building a nest". ) The longer they last, the more likely is an interruption. The usual way of restarting an interrupted procedure is to rely on the sensory recognition of one's own partial achievements: the rabbit need not recall how far it has dug its burrow. Rather, the half-dug burrow serves for a kind of external memory. Obviously, the drawback is that the relevant structures must remain constant during the pause. Typically this is not true if the results of a procedure are sent away, or otherwise are withdrawn from continued observation shortly after the moment of production, and the procedure does not allow a restart. A case in point is a prolonged medical treatment of a patient: it is impossible to found the next step of the treatment exclusively on
actual observations of the patient, without taking into account which pills have already been given.

The limitation can be overcome by constructing a type of memory ("episodic") that stores the essential sensory features at the instant of interruption, and later reproduces them.

This step
alone characterises the transition from monkeys to humans.

However, the step is extremely dangerous: it implies that one generates a fictive sensory impression at another than the original instant. Progress towards humans brings about this "new problem". I do not believe that any animal species other than humans has ever done this step.  The excellent memory of monkeys and apes most probably is of the type "procedural"; one cannot prove that it is "episodic". The manifestation of fictiveness resides in the fact that this type of apparent sensory impression may not, or must not be altered by motor commands: one cannot change, by
present own motor acts, the contents of a recalled sensory scene.

The particular point is this: The evolution towards humans would not have taken place if monkeys had not existed before, and if they had not prepared the way how to cope with "fictive" sensory impressions, although the view of a
foreign hand is "fictive" in a much narrower sense than the view-like recall of my past hand, or any other past scene.  The common aspect, in both cases, is "Don't attempt to base behavioural output on pertinent sensory impressions that are, in some sense, fictive".

As soon as  the safe operation of the rule was established, monkeys could even turn the new situation into an advantage unrelated to sensorimotor control ("mirror neurones") allowing them to draw some conclusions about motor acts of conspecifics. With the advent of episodic memory, humans, too, could go beyond a mere interruption management, and begin to draw conclusions from past to future. Both monkey and man had to fuse the fictive signals with some real ones in an intricate way. In that fusion process the real signals have to dominate, i.e., in the case of hands, those originating from
my hand (for monkeys), or my present hand (for humans). Only if this fusion is achieved appropriately, a motor behaviour can be generated. In the example of a medical treatment given above, it is not sufficient that the doctor generates a quasi-sensory impression ("recall") of the last step of the treatment, but he/she has also to make sure that the patient, and the pills for the next treatment, exist at present. With respect to the timing of motor output, the latter "real" components must have absolute priority.

This sounds trivial but such complications do not occur in a rat.

A peculiar example is human speech. The physical effects of speech are sent away so that an interrupted stream of speech (as it occurs in every dialog) could not be continued without the abovementioned interruption management. Monkeys cannot speak in a human sense because they lack that management. They can only use what in humans would correspond to the grammatical category of imperatives, whose simpler forms can run without that management. (A facial expression is an imperative.) Thus, the absence of speech is not a deficit of communication proper, but it is a lack of an evolutionary step within each individual monkey. This is meant by "... minus language".

It does not come as a surprise that the human Broca area has indeed been found to be homolog, or an extension, of the monkey mirror neurone area F5 in the ventral premotor cortex. The reason is not that human language evolved from manual gestures but rather that this region is the site of the proper treatment of fictive signals in the sense as explained above. To say it in still other words: in the present context "reality" means to receive correlating sensory feedback from own motor commands, and "fiction" means to have sensorily comparable situations where own motor commands have no such effect.

The possibility to commit new types of errors, derived from the two different "new problems", is the price to be paid in evolution for becoming a monkey, and a human, respectively.

 

zur 41. Woche 2009

Gott God

Wie im vorigen Hirnbrief Nr. 40 dargelegt wird, finde ich auf meinem phänomenalen Niveau zwei Abteilungen. Die eine stellt die "Welt" dar, und wird von mir mit Regelhaftigkeit auf der neu erfundenen Zeitachse versehen, und die andere ist das "phänomenale Ich", gefüllt mit Gemütsbewegungen, und einer strengen Ordnung nicht zugänglich; man denke nur an den "freien Willen". Es gibt noch eine weitere Struktur, nämlich "Gott". Das Besondere an diesem ist, dass er nicht "ich" ist, ihm aber dennoch nicht die Regularitäten der "Welt" zugeordnet werden. Freilich wird er ebenfalls (wo sonst?) auf meinem phänomenalen Niveau angesiedelt, aber er kann, im Gegensatz zum phänomenalen Ich, in erstaunlich umfassender Weise selber Motorik produzieren. (Wäre ich ein Gott, wenn ich, d.h. das phänomenale Ich, dies könnte?) Dass man das Gott-Konzept allmählich, im Lauf von Jahrhunderten, ausquartiert, hat nicht den Grund, dass man dann von allein an mehr Wissen, d.h. an mehr reguläre Verhältnisse herankäme. Vielmehr erhält man über die zusammengestöpselten Zusammenhänge zu einem körperlichen Ich (siehe voriger Brief) einige Aussagen über das Nichtwissen. Man kann sich damit überlegen, wie man an weiteres Wissen herankommt, z.B. "körperliches Ich dort hinschicken und nachschauen (oder ein Experiment machen)". Das kostet oftmals viel Kraft und Mühe. Mit dem Gott war es bequemer und auch billiger. Wenn jedoch zweitausend nur mit kostengünstigen Unverletzbarkeits-Amuletten versehene Landesverteidiger einer modernen Kolonialarmee gegenübertraten, ging das fatal aus. - Man muß sich also um so mehr bemühen, je mehr man sich auf das Verfahren "phänomenales Ich" mit seiner Krücke "körperliches Ich" stützt.


God
As shown in the previous letter #40 there are two compartments on my phenomenal level. The one represents the "world" for which I provide a regularity on the newly invented time axis. The other is the "phenomenal I" filled with emotions, where no strict order can be recognized - remind only the "free will". There is still another structure, namely "god". The special feature of it is that it is neither "I" nor can the regularities of the world be associated with it. To be sure, it is also located (where else could it be?) on my phenomenal level but in contrast to the "phenomenal I" it can produce own motor processes to a surprising extent. (Would I be a god if I, i.e. the "phenomenal I", was able to produce motor acts?). Humans gradually expel the concept of god during the course of centuries, but the reason for this is
not that this gives direct access to more and better knowledge and regular relationships. Rather, the motley relationships to a "bodily I" provide some statements about ignorance (see the previous letter). On the basis of these one can improve the possibilities to get access to further knowledge, for instance by "sending the bodily I to the relevant place, and have a look (or do an experiment)". This is often troublesome and laborious. With god it was easier and also much cheaper. However, it used to end fatally when 2000 home defenders, equipped with invulnerability amulets, faced a modern colonial army. - The message is that one has increasingly to take pains, the more one relies on the phenomenal I and its crutch, the bodily I.

zur 40. Woche 2009

Ich-Konzept 3

Im vorigen Hirnbrief Nr. 39 steht, dass das "Ich" eine Art Sammelbecken ist für Unzulänglichkeiten beim Umgang mit unerwarteten Ereignissen. Auf dem phänomenalen Niveau meines Bewusstseins erscheint die Welt als ein perfektes Uhrwerk, bei dem sich aus jedem gegenwärtigen Gesamtzustand exakt ermitteln läßt, was als nächstes passiert. Genauer muss man sagen, dass das Zeitkonzept gerade so eingerichtet wird, dass auf der zugehörigen Zeitachse die im vorigen Satz genannte Beziehung genau für denjenigen (den "ersten") Teil meiner phänomenalen Gehalte gilt, der als "Welt" gilt. Als weiteren (den "zweiten") Teil meiner phänomenalen Gehalte gibt es das phänomenale "Ich" (es ist diejenige Innensicht, die es vor 200 Jahren nicht gab, nämlich die meinige). Diesem werden nun einige Eigenschaften zugeordnet, die dann zum "körperlichen Ich" zusammengefasst werden können, die zur ersten Abteilung, nämlich der "Welt" gehören. All dies bleibt selbstverständlich auf dem phänomenalen Niveau meines Bewusstseins.

Da wird zunächst mal der "Raum" erfunden, und in diesem erhält das neu zu konstruierende körperliche Ich eine
geringe Ausdehnung, d.h. es ist nicht überall dort, wo in der Welt etwas los ist. Das ist keineswegs trivial. Es bekommt zwar Arme, die es ausstrecken kann, um etwas zu betasten, und Beine, um zu weiter entfernten Ereignissen hinlaufen zu können, aber das reicht nicht. Es wird auch noch das "Licht" erfunden, (das geht so ähnlich wie es ganz am Anfang in der Bibel steht), das die Eigenschaft bekommt, zwar dem phänomenalen Ich Kenntnisse über Weltgebiete zu liefern, bis zu denen das körperlich kleine Ich nicht hinreicht, aber mit zunehmender Entfernung, und auch wegen Undurchsichtigkeit vieler Teile der Welt, bleibt das Meiste ungesehen. Dieses körperliche Ich hat auch ein Gehirn. Das Ganze wird also in den ersten Teil meiner phänomenalen Gehalte eingeordnet, der die gesamte, weiterhin völlig regelhafte Welt darstellt. Dazu muss das körperliche Ich auch weitere physikalische Eigenschaften wie z.B. ein Gewicht bekommen. Entscheidend für das Konzept ist, dass es einen Zusammenhang geben soll zwischen dem phänomenalen Ich und der Motorik des körperlichen Ich. Hier ist jedoch eine faule Stelle, denn nach Ansicht vieler Psychologen (und auch meiner) werden die eigenen motorischen Signale nicht direkt, sondern die Bewegungen nur über die sensorischen Rückmeldungen bewusst, d.h. sie erscheinen nicht als phänomenale Gehalte.

Wir stehen im gegenwärtigen Jahrtausend oder vielmehr Jahrzehntausend mitten in dieser Zuordnungsarbeit, denn fertig geworden ist die Sache noch lange nicht. Das phänomenale Ich selbst, als Sammelbecken für Unzulänglichkeiten, fällt weiterhin aus der Uhrwerkeigenschaft der Welt heraus, obwohl beide sich ja immerhin auf demselben phänomenalen Niveau befinden. Die Zuordnung zu einem körperlichen Ich ist weiterhin so mangelhaft, dass sie nur wenig weiterhilft. Das wird sich wohl auch nicht ändern, wenn keine grundsätzlich neuen Konzepte auftauchen. Immerhin reicht sie, um das ältere Zuordnungsverfahren "Gott", das derselben Zielsetzung dient, allmählich zurückzudrängen, nämlich dass ein Gott zuständig ist für unvorhersehbare Ereignisse. Weiteres über dieses Verfahren steht im nächsten Hirnbrief Nr. 41.

zur 39. Woche 2009

Vorläufer predecessor

Mein Bewusstsein fasst sich selbst als ein völlig abgeschlossenes System auf, in Form einer Sammlung von "Bedeutungen", die sich also auf dem phänomenalen Niveau des Bewusstseins finden. Es trägt den Überraschungen der Realität nicht dadurch Rechnung, dass es diese als Störungen einer Sonderbehandlung unterzieht, sondern es versucht, seine Systemgrenze so zu legen, dass die Idee "Abgeschlossenheit" zutrifft. Somit hat diese Grenze nicht unbedingt etwas zu tun mit der Außengrenze des Gehirns, vielmehr ist auf diese Weise das ganze Weltall in diese Bedeutungen hineingeraten. Spätestens damit ist die Sache abgeschlossen in dem Sinne, dass es "nichts weiter gibt". Es gibt dann grundsätzlich kein "außen", und vor allem gibt es auch kein weiteres Bewusstsein als das meinige. Das ganze Manöver findet auf einem irrealen, oder vielleicht mathematischen Niveau statt, von irgendwelchen materiellen Dingen ist in keinem Moment die Rede; alles sind "Bedeutungen". Auch mein gesamtes "Wissen" und insbesondere die Inhalte der Wissenschaft finden sich hier.

Dieses System hat wegen seiner Abgeschlossenheit den Vorzug, dass es keinerlei Spontanprozesse gibt, denn ein jeder Gesamtzustand folgt ganz eindeutig aus dem vorangegangenen. Es gibt somit einen Zusammenhang zwischen der Abgeschlossenheit des Bewusstseins und der Abwesenheit von echten Spontanprozessen in der gesamten klassischen Wissenschaft.

Damit wird man die o.g. Überraschungen der Realität jedoch nicht los. Dafür hat mein Bewusstsein ein ganz merkwürdiges Konzept entwickelt, nämlich dass zwar "eigentlich" jeder Zustand aus dem vorangegangenen folgt, wenn aber doch plötzlich eine Kokosnuss vom Baum fällt, ohne dass ich irgendwelche Vorläufer bemerkt hätte, dann ist daran ein "ich" schuld, das unfähig war, die entsprechenden vorangegangenen Ereignisse zu bemerken. Für das Bewusstsein verhält sich also das ganze Welltall völlig regelhaft als eine riesige kausale Abfolge, und nur das "ich" ist in erheblichem Maße beschränkt, in einer obendrein eklektischen Weise. Das muss man mal im nächsten Hirnbrief genauer anschauen.

Diese Sicht steht im deutlichen Kontrast zu den Vorstellungen der Neurowissenschaft über das Gehirn. Da ist es nämlich das Gehirn, das sich regelhaft verhält, und die Außenwelt präsentiert sich in oftmals eklektischer Weise. Das Gehirn muss jeweils so schnell es geht mit derartigen Einflüssen fertig werden, und durch Lernen aus vergangenen Situationen für das Eintreffen zukünftiger Situationen gerüstet sein. Das Gehirn kann aber, neurophysiologsich gesehen, keinerlei Vorstellungen oder Maßnahmen entwickeln, die darauf beruhen, das ein völlig ankündigungsloser Einfluss von außen "in Wirklichkeit" einen Vorläufer gehabt haben muss.

Predecessor

My consciousness takes itself as a completely closed system. It is a collection of "significances", or phenomenal contents of consciousness. This system takes into account the surprises of every-day life not by taking them as perturbations which need a special treatment; rather, it attempts to define the boundaries of the system (i.e. of itself) in a way that "closedness" is guaranteed. Thus that boundary is not nessessarily related to the outer boundary of the brain; rather, by this means, the entire universe has entered the ensemble of these significances. At the latest in this way the construction is closed in the sense that "there is nothing else". Then, by principle, there is no "outside" and, in particular, there is no further consciousness than mine. The whole exercise takes place on an unreal, or perhaps a mathematical level. Material objects are no point at issue; there are only "significances". On the same level all my "knowledge" is found, and in particular the entire contents of science.

By virtue of its closedness this system has the merit that there are no spontaneous processes. Each total aggregate state is fully determined by the immediately preceding one. Thus, there is a relationship between the closedness of conscious contents and the absence of genuinely spontaneous processes in the entire classical science.

Yet, in this way one cannot get rid of the above-mentioned surprises offered by the real world. To cope with them, my consciousness has evolved a strange concept: in principle each total state is fully defined by its predecessor. However, if a coconut falls down the tree without any sensorily detectable predecessors then an entity "I" is guilty that was unable to detect the corresponding preceding events. Thus, within consciousness the entire universe behaves as a huge causal succession of states, evolving according to strict rules. It is only the entity "I" that is severely restricted in an eclectic way. This point will be treated in the next letter.

The view presented here is in strong contrast to the ideas prevailing in neuroscience. In that science it is, rather, the brain which obeys rules while it is the outer world that behaves eclectically. The brain has to cope with unpredictable influences as fast as possible, and it must make itself ready, by learning. However, the brain cannot develop measures, or ideas, that are founded on the assumption that an outer event absolutely devoid of detectable predecessors must "in reality" have had a predecessor.

zur 38. Woche 2009

Modell des Gehirns  Model of the brain

Viele Wissenschaftler sehen nicht ein, dass man, um das Gehirn zu verstehen, mehr tun muss als ein Modell zu machen. Es soll hier nicht die Rede davon sein, dass es schwierig wäre, dieses zu erstellen. Vielmehr geht es darum, dass, egal wie gut dieses Modell ist, damit längst nicht alles getan ist. Das liegt daran, dass das Gehirn zugleich das Organ ist, mit welchem der Wissenschaftler sich seine Erkenntnis verschafft. Dieses zusätzliche Problem gibt es für andere Organe nicht.

Angenommen, man hätte dieses von jenen Wissenschaftlern erhoffte leistungsfähige Modell, und es genüge allen wissenschaftlichen Ansprüchen. Dann müsste es auch selber imstande sein, Wissenschaft zu betreiben. Man müßte dann also auch zB eine Aussage wie "zwei Stahlkugeln stoßen zusammen" fassen können. Diese Aussage soll, wie normalerweise in der (klassischen) Naturwissenschaft angenommen, auch gelten, wenn gar kein Gehirn in der Welt existierte. Also müßte das Modell, wenn es erfolgreich sein sollte, diesen Satz auch darstellen können ohne dass es selbst existierte.

So kann es nicht gehen. Man wird mit "Bedeutungen" zu arbeiten versuchen: Irgendeine Erregungsverteilung im Modellgehirn müsste die "Bedeutung" haben, dass "zwei Kugeln zusammenstoßen und keinerlei Gehirn oder sonstiges System diesen Sachverhalt repräsentiert". Damit verliert das Modell den Anspruch, wissenschaftlichen Prinzipien zu gehorchen, weil "A bedeutet B" keine naturwissenschaftliche Beziehung ist. Sie kommt nur vor im Zusammenhang mit dem Bewusstsein.

Will man hingegen dieses mit aufnehmen, muss man die Subjektivität auch mit modellieren. Aber wie soll das gehen? Da müßten im Modell introspektive Zustände vorkommen, die nur erfasst werden können, wenn "ich selbst dieses Modell bin". So etwas kann man modellmäßig nicht darstellen, allein schon, weil "ich" schon existiere, und aus der Innensicht ein Unikum bin. Mein Platz ist also verbraucht. "Ich" kann nicht zugleich der gewöhnliche "ich" und auch noch jener modellmäßige "ich" sein.

Üblicherweise retten sich einige Denker aus diesem Dilemma, indem sie Denkfehler als akzeptabel erscheinen lassen. Dabei fühlen sie sich noch gar nicht mal als ob sie sich gerade vor dem Ersaufen retten konnten; vielmehr kriegen sie auch noch Geld dafür. - Der Fehler ist: Wenn "ich" subjektiv existiere, und es zugleich Arme, Beine und einen Bauch gibt, die ich niemals in großer Entfernung wahrnehme, es andererseits aber noch weitere solche Zusammenstellungen von Armen, Beinen und Bäuchen (d.h. andere Leute) gibt, dann müßte es zu diesen ebenfalls ein derartiges "ich" geben, wobei hinzugefügt wird "aus deren Sicht". Solche Gedanken hat man, wenn man die Naturwissenschaft noch an Naturwissenschaftlichkeit übertreffen will, derzufolge das Bewusstsein eine Art Eigenschaft eines jeden menschlichen Körpers oder Gehirns sei.- Ein solcher Schluß ist im Rahmen der Wissenschaft nicht zulässig, er fußt auf keinerlei wissenschaftlich fundierter Beobachtung (Sprache kann das nicht leisten), zumal weiterhin oftmals zugleich behauptet wird, dass das Bewusstsein in die Naturwissenschaft nicht eingeordnet werden könne.

Model of the brain

Many scientists do not see, if one wants to understand the brain, why one has to do more than to make a model. Here I do not consider the difficulties of making such a model. Rather, my concern is that irrespective of the quality of the model by far not everything is achieved. The reason is that the brain is also the organ which provides the knowledge of the scientist. This additional problem does not exist for other organs.

Suppose someone has made such a long-desired potent model, and it corresponds to all scientific principles. Then the model should also be able to execute science. With the aid of the model one should capture a statement such as "two steel balls collide". As usually assumed in (classical) science, this statement should also be valid if there was no brain (or no brain model) in the world.

It cannot work in this way. Instead, one can try to use "significances": A certain excitation distribution in the model brain should carry the composite significance "two balls collide, and no brain or other system represents this case". However, by doing this the model looses its claim to obey scientific principles because "A signifies B" is not a scientific relationship. It only occurs in relation to consciousness.

On the other hand, if one is willing to include consciousness into the model, then, besides other features, one also must model "subjectivity". Can this be done? Introspective states should then occur in the model, and these can only be comprehended if "I am that model". This cannot be represented by a model, and be it only for the fact that "I" exist already. As seen from my introspection (and this is relevant here) I am unique; my place is already occupied. "I" cannot be my normal "I" and  at the same time that "model-derived I".

Some thinkers save themselves from this dilemma by propagating errors in reasoning, and perhaps they do not even feel as having saved themselves from drowning but rather they even earn money with doing this. The error is the following: If "I" exist subjectively, and there are arms, legs and a belly that are never perceived by me to be far away, and on the other hand there are further such compositions of arms, legs and bellies (i.e. other people) then there should be another "I" for these. Usually one adds "as seen from themselves". One does such reasoning if one desires to exceed science by creating even higher scholarly standards. It is as if one would consider "consciousness" to be a property of a brain (which would then exclude the necessary maneuver that I have to be that brain), and yet, at the same time consciousness is taken to be incompatible with science.

zur 36/37. Woche 2009

Nutzen des Bewusstseins 1 Benefit of consciousness 1

Im Text "Time and the isolated brain (the 'neurocosmos')" (21. Hirnbrief in den Archiven dieser Webseite) wird das idealisierte Konzept des völlig isolierten Gehirns vorgestellt, das natürlich nur dann einen Sinn gewinnt, wenn man die Isolation aufbricht, und Signale herein- und hinausgehen läßt. Im Brief Nr. 20 wird nach den Kausalfolgen des Bewusstseins vorerst nur mal gefragt.

Der Aspekt "Neurokosmos" ist insofern wichtig, als er die Grundlage für die Innenperspektive bildet, die das Bewusstsein ausmacht. In diesem Kosmos gibt es nur physiologische Aktivität; wegen des vollständigen Abschlusses gibt es keine Außenwelt. In einem Kosmos egal von welcher Natur sitzt der Beobachter immer innen, denn wäre er außerhalb, dann wäre der Kosmos ja nicht "alles, was es gibt". Das gilt sowohl für den physikalischen als auch für den Neuro-Kosmos.

Die klassische Sicht kennt keinen Neurokosmos. Vielmehr komme es vor allem darauf an, was an den Schnittstellen zur Außenwelt passiert. Das Gehirn, so groß wie es auch immer sein mag, muß sich an diesen orientieren, und man stellt sich vor, dass die Evolution es sozusagen belohnt, wenn in dieser Hinsicht "alles richtig gemacht wird".

Wenn aber der Innenverkehr, wie es beim Menschen der Fall ist, das tausendfache des summierten Verkehrs an allen Schnittstellen zur Außenwelt wird, sollte die Evolution zunehmend diejenigen organisatorischen Veränderungen belohnen, die vor allem die Innensignale optimal von einem in den nächsten Zustand überführen.

Dieses ist eine die physiologische Hirnorganisation betreffende Aussage. Die Frage, wie man das am besten macht, sollte mit dem Nutzen des Bewusstseins irgendwie zusammenhängen.

Benefit of consciousness

The idealized concept of a totally isolated brain has been introduced in the 21th letter (Archives of this website): "Time and the isolated brain (the 'neurocosmos')". Of course this concept can only gain a sense if the isolation is broken, and signals can go in and out. For the time being, in the 20th letter the question of causal consequences of consciousness has just been raised.

The aspect "neurocosmos" is important insofar as it forms the basis of the inner perspective accompanying consciousness. In that cosmos only physiological activity exists. There is no outer world because of the complete closure. In any cosmos, no matter of which type, any observer is always located within that cosmos because if it was located outside the cosmos would not comprise "everything existing".

There is no concept of a closed neurocosmos in classical neuroscience. Rather, the emphasis is on the events at the cerebral interfaces from and to the outer world. The brain, whatever its size is, has to follow the requirements of these events. One may think of evolution which, so to speak, rewards an optimal treatment with respect to the interfaces.

However, if the internal signal traffic exceeds by a factor of 1000 the summated traffic through the interfaces, as it is the case for the human brain, then the expectation is that evolution rather "rewards" those organisatorial modifications which ensure that each internal state is optimally transformed into the immediately succeeding one. The signals at the interfaces are then "perturbations" for which some special solutions have to be found.

This is a statement regarding the physiological organisation of the brain. The question how this is done best should somehow be related to the utility and the benefit of consciousness.

zur 35. Woche 2009

 Wiederholung 2  Repetition 2

Die Naturwissenschaft enthält als wesentliches Element die Wiederholbarkeit von Ereignissen, um diese als gesetzmäßig anzuerkennen: Klassische naturwissenschaftliche Gesetze sind von der Art "jedes Mal wenn ..., dann...". Für das Gehirn, dem man ja immer unterstellt, dass es die Grundlage für das Bewusstsein sei, spricht kein naturwissenschaftliches Prinzip dagegen, dass zwei Gehirne (in zwei Individuen, oder aber dasselbe zu zwei Zeitpunkten) identisch sein können, wenn das wohl auch in der Praxis nicht zutrifft. Somit läßt sich das Gehirn in der Naturwissenschaft verankern.

Hier geht es darum, dass es für die subjektive Erscheinung "Bewusstsein" grundsätzlich keine Wiederholungen gibt.

Die Rede vom "menschlichen Bewusstsein" ist unrichtig: Wenn das Bewusstsein nach übereinstimmender Ansicht vieler Forscher subjektiv ist, und mit einer Innenperspektive zusammenhängt, dann kann es nur "mein Bewusstsein" geben. Selbst wenn mein ganzer Körper mitsamt meinem Gehirn exakt, Molekül für Molekül, kopiert würde, kann ich nicht behaupten, dass diese Kopie ein Bewusstsein habe, weil ich dazu diese Kopie sein müsste. Eine Wiederholbarkeit von Individuum zu Individuum ist also nicht feststellbar. (Sprache hilft nicht; siehe Archive Hirnbriefe, 4. Woche).

Ebenso ist es auf der Zeitachse: Das Bewusstsein ist immer ein gegenwärtiges Bewusstsein. Wenn ich mich vor 3 Tagen bewusst mit bestimmten Dingen befasst habe, dann kann ich nicht jetzt mich in dieselbe Bewusstseins-Situation "ich vor 3 Tagen" versetzen, sondern dabei kommt nur heraus "Ich erinnere mich jetzt an diese vergangene Situation" (das entspricht der o.g. Kopie), und das ist offensichtlich nicht dasselbe wie die damalige Situation selbst. Manch einem Leser mag es schwerfallen, das einzusehen; leichter vorstellbar ist hingegen, dass das eigene Bewusstsein vor der eigenen Geburt und nach dem Tod nicht existiert. Zu diesen Zeiten gäbe es nur "andere Leute", wie es diese auch jetzt gibt, aber es gäbe keine Person, die man selbst subjektiv "von innen" erfährt. Dass man nach dem Tode als Katze weitermacht, ist in Europa eher unüblich.

Was ich da vor meiner Geburt und nach meinem Tod als fehlend erkenne, fehlt auch schon für die unmittelbare Vergangenheit und Zukunft. Nur gibt es für letztere Zeiten die Erinnerung oder andere, in jedem Fall von physiologischen Gedächtnisprozessen abhängige phänomenale Vorgänge. Diese ermöglichen, dass Vorgänge wie zB. Pendelbewegungen phänomenal als wiederholbar erscheinen, aber wohlgemerkt taucht in solchen Fällen jetzt ein weiterer phänomenaler Gehalt auf, der die Tatsache "Wiederholung" zum Inhalt hat.

Man sieht daran, dass das Bewusstsein in Echtzeit arbeitet, die phänomenalen Gehalte aber in Nicht-Echtzeit dargestellt werden. In Echtzeit kann man grundsätzlich nicht in die Vergangenheit zurückgehen. In der Physik, die mitsamt allem, was man "Wissen" nennt, ausschließlich auf dem phänomenalen Niveau arbeitet, gelten vergangene und gegenwärtige Pendelschwingungen als gleichwertig, so dass man sie als Wiederholungen auffassen kann. Sie sind "nur in der Zeit" gegeneinander versetzt. Jedoch mit dem Apparat, der die Wiederholungen als solche identifiziert, kann man so nicht umgehen. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn ich sage, dass es für die subjektive Erscheinung "Bewusstsein" keine Wiederholungen gibt. Vermutlich ist das letztendlich der einzige Grund, warum das Bewusstsein der Naturwissenschaft nicht zugänglich ist.


Repetition 2

An essential element of natural science is the repeatability of events in order to recognise them as lawful. Classical laws of natural science are of the kind "each time when ..., then ...". For the brain, usually assumed to underly consciousness, there is no principle of natural science that forbids the existence of two identical brains (either in two individuals, or the same brain at two instants in time), although in practice this is unlikely to be the case. Thus, the brain can be anchored in science.

The point of the present letter is: By principle there are no repetitions of the subjective phenomenon of consciousness.

Talking about "human consciousness" is not correct: Many researchers agree that consciousness is subjective, and related to an inner perspective. It follows that there can only be "my consciousness". Even an exact copy of my body including my brain - molecule by molecule - cannot be assumed to have a consciousness because I would have to
be that copy. Thus, a repeatability across individuals cannot be stated. Human language does not help (see Archives of Hirnbriefe, 4th week, in these pages).

The same is true on the time axis: Consciousness is always a present consciousness. If I have consciously been concerned with something three days ago, then it is impossible now to assume again the conscious state "I three days ago". Rather, it is well-known that the outcome of such an attempt is "I now recall that past situation" which obviously is different from the true past situation. It rather corresponds to the above-mentioned copy. This may be difficult to grasp for some readers. It is easier to see that my consciousness did not exist before my birth and will not exist after my death. At these times there were only "other people" as they also exist presently but there would be no person which I experience subjectivley from inside. That I continue as a cat after my death is rather uncommon in Europe.

What I recognise as lacking before my birth and after my death is already lacking for the immediate past and future. The difference is only that during my lifetime there is recall, and other processes on the phenomenal level that depend on physiological memory processes. These in turn allow processes such as oscillations of a pendulum to appear as repetitive. However, note that in these cases an additional phenomenal contents appears that indicates the fact "repetition".

From all this one recognises that consciousness operates in real time but on the phenomenal level appear processes represented in non-real time. It is impossible by principle to go back in time in real time. The science of physics takes place exclusively on the phenomenal level of consciousness, together with everything being called "knowledge". In physics, past and present oscillations of a pendulum are taken as equivalent so that they can be taken as repetitions. They are "only" displaced against each other in time. However, it is not possible that the apparatus that states an event as a repetition is treated in this way. It is in this sense that it is meant that there are no repetitions for the subjective phenomenon of consciousness. Finally this may be the only reason why consciousness is unaccessible to natural science.

zur 33. Woche 2009

Einen Neger erkennen Recognize a negro

Beiläufig wurde mir beim Mittagessen in der Universität ein Neger namens R. vorgestellt. Ich hatte nicht näher mit ihm zu tun, aber von nun an grüßten wir uns im Vorbeigehen. Alsbald bemerkte ich jedoch, dass ich ihn verwechselte mit den wenigen anderen Negern, die ich beim Essen sah. Das war mir peinlich, ich bemühte mich also um die richtige Wiedererkennung von R., und in der Tat konnte ich ihn nach einiger Zeit richtig unterscheiden von anderen Negern.

In meinem Nervennetzwerk hatte sich ein Lernvorgang abgespielt, der das zunächst naheliegende direkte Erkennungskriterium "Neger" zurückdrängte. Stattdessen entstand eine ganze Kategorie "Neger", innerhalb derer sich andere Unterscheidungskriterien für Gesichtszüge ausdehnten und entfalteten. Nach einiger Zeit lief also ein anderer neuronaler Prozess beim Anblick von R. als zu Beginn. Das Besondere an dieser Geschichte ist, dass R. auf dem phänomenalen Niveau meines Bewusstseins dennoch von Anfang an immer gleich aussah. Im Detail verlief das folgendermaßen: wenn ich einen anderen Neger fälschlich grüßte, schien mir dieser auszusehen wie R. Sobald sich aber herausstellte, dass er es nicht war, sah er nicht mehr aus wie R., obwohl sich natürlich in diesem Moment sein Aussehen nicht verändert hatte. Sah ich dann den richtigen R., dann sah dieser sofort aus wie R., obwohl er anders aussah als der vorige Neger.

Ähnliche Entwicklungen findet man bei anderen Unterscheidungsleistungen, wie sie zB bei Lehrlingen von Baumschulen stattfinden: Am Anfang ist alles "ein kleiner Baum". Alsbald lernt man sie unterscheiden, wobei aber ein einzelnes Exemplar sein phänomenales Aussehen nicht verändert.

Man muss also sehr vorsichtig sein, wenn man neuronale Prozesse beim Sehen mit visuellen phänomenalen Gehalten auf der Bewusstseinsebene in Verbindung bringen will. Das Bewusstsein arbeitet weitgehend mit Prototypen, und beruht viel weniger als üblicherweise angenommen auf gegenwärtigen neuronalen Erregungen. Phänomenal sieht man den Prototyp "R.", der als Prototyp immer gleich bleibt. Man kann auch fälschlich diesen Prototyp sehen. Dieses bedeutet zugleich, dass man "jetzt" etwas neuronal Vergangenes wahrnimmt, als nämlich der Prototyp etabliert wurde. Dabei handelt es sich nicht um einen physiologischen Gedächtnisprozess, sondern um eine ganz wesentliche Besonderheit der Organisation von Zuweisungen phänomenaler Bedeutungen zu neuronalen Prozessen, wobei insbesondere auch zeitliche Verweise stattfinden. Siehe hierzu auch in den Hirnbrief-Archiven den Brief von der 8. Woche, und die Punkte 2 und 3 in den "Arbeitszielen.

Recognize a negro

In the university at lunch someone introduced the negro R. to me. I had no closer relation to him but from now on we exchanged greetings when we passed one another. However, soon I noted that I confused him with the few other negroes that I saw in the lunch room. It was embarrassing for me, and I began to make an effort to recognize R. correctly, and indeed after some days I was able to discriminate R. from other negroes.


In my nervous system a learning process had taken place whose first effect was to push back the direct distinction criterion "negro". Instead an entire category "negroes" was generated within which other distinction criteria for faces unfolded and expanded. Thus, after some days, when I viewed R., the neuronal activity in my head was different from that at the outset. Yet, the special point of this story is that on the phenomenal level of my consciousness I perceived R. as unchanged from the very beginning. In more detail this proceeded as follows: when I erroneously greeted another negro he seemed to look like R. As soon as it turned out that this was an error, he did no longer look like R. although, of course, at that instant the visual characteristics of his face had not changed. Later, when I saw the genuine R. then he immediately looked like R. although he visually differed from the previous negro.

Similar developments are found for other discrimination task such as they are encountered by newcomers to specialized professions such as tree nurseries. At the outset all plants are "small trees" but later one learns to discriminate them. Yet, an individual tree perceived during the learning does not change its individual phenomenal appearance.

Thus one has to be careful if one wants to link visual neuronal processes with visual phenomenal contents of consciousness. Most probably consciousness operates with prototypes, and it depends much less than believed on the actually running neuronal activity. Phenomenally one perceives the prototype "R." which remains constant as a single prototype. One can also wrongly perceive that prototype. This in turn signifies that "now" one perceives a phenomenal contents that rests on some past neuronal excitations, i.e. which had been running when the prototype was established. It is not a physiological memory process but an important peculiarity of the organisation of attributions of phenomenal significances to neuronal processes. In particular, that attribution mechanism also encompasses references to remote times.

See also in this website, in the archives of "Hirnbriefe", the letter n° 8, and the paragraphs 2 and 3 in the "program".

zur 32. Woche 2009

Umkippen Tip
Je größer ein Gehirn ist, desto mehr überwiegen im allgemeinen Signalverkehr die Signale, die ganz im Inneren des Gehirns verlaufen gegenüber den Eingangs- und Ausgangssignalen. Eigentlich ist nicht wirklich die Hirngröße gemeint, weil ja ein Tiger ein viel größeres Gehirn hat als eine Katze, aber die allgemeine Leistungsfähigkeit in etwa dieselbe ist. Ich führe also gedanklich eine Körpergewichtsnormierung durch. Angefangen mit dem "Urgehirn", welches vielleicht nur aus einem einzelnen Neuron bestand, und dann aufwärts bis zu komplexeren Gehirnen war die Funktion des Nervengewebes zunächst ("zu alten Zeiten") vor allem bestimmt durch die Signale an den sensorischen und metabolischen Eingangsschnittstellen zur Außenwelt, und von den motorischen Ausgangssignalen, die das Gehirn hervorzubringen hatte. Die Außenwelt war sozusagen "der Chef", und dieser verlangte, dass das Nervengewebe die Eingangssignale umzuarbeiten hatte in (zumeist motorische) Ausgangssignale, unter Mitwirkung und auch Neubildung von Gedächtnis. Der innere Signalverkehr spielte dabei eine zwar wichtige, aber doch untergeordnete Werkzeug-Rolle.

Aber irgendwann in der stammesgeschichtlichen Entwicklung, als in einem (gewichtsnormiert) besonders großen Gehirn der innere Signalverkehr tausendmal so umfangreich geworden war wie der durch die Schnittstellen laufende, kippte die Sache um: Der innere Signalverkehr wurde "der Chef". Die zukünftige Weiterentwicklung der Signale im Gehirn wurde nun fast ausschließlich bestimmt durch die momentan schon vorhandene hirninterne Signalverteilung, und somit wurde es die Hauptaufgabe der Gehirnorganisation, die interne Weiterentwicklung richtig zu steuern. Dabei verkamen die sensorischen Schnittstellensignale zu "Störungen". Während "zu alten Zeiten" der ohne Ankündigung aus dem Busch springende Fuchs schnellstmöglich erkannt wurde, und sogleich passende Motorsignale berechnet und ausgeführt wurden, wurde nun, sozusagen auf dem Verwaltungswege, erstmal angeordnet, dass der Fuchs keineswegs echt spontan gesprungen kam, sondern dass es, wie für jedes "ordentliche" Signal, sehr wohl kausale Vorläufer auch für dieses Ereignis gegeben haben muss (notfalls im Körperinneren des Fuchses), nur waren die mit den störenden Schnittstellensignalen befassten "niederen" Teilgebiete des Gehirns nicht genügend befähigt, diese Signale herbeizubringen.

Genau so sieht die Welt auf dem phänomenalen Niveau des Bewusstseins aus: Es wird angenommen, dass es gar keine echt spontanen Ereignisse gibt. Das gilt dann als (klassische) "Wirklichkeit". Vielmehr liegt es am Nervensystem, wenn von manchen Ereignissen  kein Vorläufer bekannt wird. Der Vorteil der Sache ist, dass man auf die Idee kommt, dass etwas neuronal nicht Existierendes dennoch irgendwie Auswirkungen haben kann (vielleicht ja auch der "freien Wille"?), und man danach suchen muss. Dazu muss man unter anderem erstmal erfinden, was "Vergangenheit" ist. All das, was nun auf einmal auf dem phänomenalen Niveau geht, war "zu alten Zeiten", natürlich nur rein neuronal, nicht möglich.

Na ja, aber weggeschmissen hat man das alte Verfahren nicht: Oft ist man ja doch nur gerettet, wenn man rechtzeitig abhaut.

Tip

With increasing brain size, the number of signals running entirely within the brain outweigh those entering and leaving the brain via the interfaces. "Brain size" is meant to be normalized to body mass because a tiger has a much larger brain than a cat; yet the overall performance is grossly comparable. Beginning with a primitive "brain" formed perhaps by only one neurone, and then more complex brains, the function of the brain was "in old times" essentially determined by the signals at the sensory and metabolic input interfaces, and by the motor signals that the brain had to generate. The outer world was, so to speak, "the boss" who demands that the nervous tissue has to transform the input into output signals, with contributions and new formation of memory. The internal signal traffic played a subordinate albeit important role similar to a tool.

At some moment in the phylogenetic evolution a large brain reached a level in which the internal traffic exceeded the signals entering and leaving the brain by a factor of 1000. The situation tipped: The internal signal traffic became "the boss". Now the future development of the internal signals became almost entirely determined by the present
internal signals. From then on the principal task of the brain was to accurately control the purely internal development of signals. Thereby the sensory input signals degenerated into "perturbations". While "in old times" some fast recognition and reaction procedures were actuated when the fox unexpectedly jumped out of a bush, the new measure was rather administrative: a decision was made that by no means the jumping of the fox was truly spontaneous. Rather, a preceding signal must have existed as it was the case for every "regular" (i.e. brain-internal neuronal) signal. The lower peripheral parts of the nervous system were declared to be faulty because they were unable to provide the required signals (possibly available within the body of the fox).

Exactly this is the way how the world is structured on the phenomenal level of consciousness: It is assumed that no genuinely spontaneous events exist. This is taken to be the (classical) "reality". Rather, it is the fault of the organism when events appear for which no predecessor is found. The advantage is the emergence of the idea that some neuronally non-existing event can nonetheless have causal effects (... also the "free will"?), and that one has to search for these events. Obviously, for this one first has to invent the concept of "the past". All this can now run on the phenomenal level of consciousness. "In old times", on a purely neuronal level, this was impossible.

Yet, the old procedures were not chucked away: to lop off in time often remains the only salvation.

zur 31. Woche 2009

Wiederholung 1 Repetition 1
Grundsätzlich kann man im Rahmen der Naturwissenschaft nicht behaupten, dass ein physiologischer Vorgang in der Niere oder im Gehirn etwas bedeutet. Wenn ich also an einem Tag eine neuronale Erregungsverteilung, hervorgerufen durch den Anblick des Bleistifts auf dem Tisch, so gut es geht, abspeichere in Form von synaptischen Übertragungspotenzen, und am nächsten Tag diesen Speicherinhalt wieder in Erregungsform bringe, dann sind beides gegenwärtige physiologische Vorgänge, ein jeder zu seiner Zeit. Wie kann denn dann in meinem Gehirn die Idee entstehen, dass der Speicherabruf etwas zu tun hat mit "Vergangenheit"?

Hinzu kommt ein zweites Problem: Das Gehirn kann nur in sehr speziellen Fällen zwei Erregungsverteilungen miteinander vergleichen, etwa bei  binokulärer Fusion. Wenn ich denselben Bleistift also erneut anschaue, dann besteht praktisch keine Möglichkeit, festzustellen, dass die neue Verteilung derjenigen aus dem Speicherabruf ähnelt. Ist das tatsächlich der Fall, dann kann sich das nur dadurch äußern, dass beide Verteilungen dieselben neuronalen Konsequenzen haben. Auch das kann das Gehirn nicht per Vergleich selbst feststellen, im Gegensatz zu einem externen  Beobachter. Das braucht das Gehirn ja auch gar nicht, würde man sagen.

Die neurophysiologische Wirkung von Wiederholungen zeigt sich bei Lernvorgängen, aber sie ist kumulativ, d.h. man kann aus einer Lernleistung nach 20 Wiederholungen weder herausholen, welches der Beitrag der 8. Wiederholung war, noch, dass die Leistung früher, nach nur der Hälfte der Wiederholungen, eine geringere war, oder dass überhaupt Wiederholungen stattfanden.

Vor diesem Hintergrund ist es verwunderlich, dass ich (zwangsweise!) auf dem phänomenalen Niveau meines Bewusstseins unter anderem die Konzepte "Wiederholung" und "Vergangenheit" vorfinde. Wie kommt man darauf?

Das Erscheinen dieser Konzepte ist entscheidend für den Übergang von Affen zu Menschen. Der Ursprung der "Wiederholung", d.h. einer Ähnlichkeit von mehreren Ereignissen auf der Zeitachse, ist die visuelle Ähnlichkeit der eigenen mit fremden Händen beim Affen, wobei die "eigene Hand" der "gegenwärtigen Hand" entspricht, und die "fremden Hände" entsprechen "vergangenen Wiederholungen von Hand-Anblicken". Sowohl fremde als auch eigene vergangene Hände kann man motorisch nicht ansteuern; in dieser Hinsicht sind sie irgendwie "keine richtigen Hände". Die Bedeutungszuweisung "Vergangenheit", und damit die Erfindung des Konzepts der "expliziten Zeit" (wie z.B. "gestern") auf dem phänomenalen Niveau des Bewusstseins führt zur "Nicht-Echtzeit-Verarbeitung" (ein zur Zeit t1 laufender neuronaler Prozess "bedeutet" einen Vorgang zur Zeit t2), deren Existenz beim Menschen sich in der Sprache manifestiert. In der Tat wird im Affengehirn die Ähnlichkeitsbeziehung "eigene/fremde Hand" ("Spiegelneurone") in demjenigen Hirngebiet verarbeitet, in dem beim Menschen das Broca-Sprachgebiet liegt. Mit "Gestikulieren als Vorläufer der menschlichen Sprache" hat das nichts zu tun; vielmehr ist die gleiche logische Struktur der Paarungen "eigene/fremde Hand" und "gegenwärtige/vergangene Hand" der entscheidende Punkt.

Über den Nutzen des Zeitkonzepts wird man noch reden müssen.


Repetition 1

By principle one cannot presume, within natural science, that a physiological process in the kidney or in the brain carries a significance. Thus, if on one day I store in some memory a neuronal activity distribution, evoked by the viewing of a pencil,, and on the next day I retrieve it, then both processes are
present physiological processes, each one occurring at its own moment. On the basis of this, how can the idea arise in my brain that the retrieval has something to do with a "past"?

There is a second problem: Only in special cases such as binocular fusion the brain is able to compare two activity patterns. Thus, when I view the pencil anew, then there is virtually no way for me to ascertain the similarity of the new and the retrieved pattern. However, if there is a great similarity then the neuronal consequences will be correspondingly similar, and that is all the brain needs. Again, the brain itself cannot
state the similarity of these consequences, in contrast to an external observer.

The neurophysiological effects of repetitions show up in learning processes. However, they are cumulative, i.e. from a performance learned by 20 repetitions one can extract neither the isolated contribution of the eighth repetition, nor the fact that the earlier performance was lower after only 10 repetitions, nor that repetitions have occurred at all.

Against this background one is surprised that one finds, among other things, the (compulsive!) concepts of "repetition" and "past" on the phenomenal level of consciousness. How can one reach this stage?

The appearance of these concepts is decisive for the transition from monkey to man. The "repetition", i.e. the similarity of several events on the time axis, originates from the visual similarity of own and foreign hands in monkeys. The "own hand" corresponds to the "present hand", and the "views of foreign hands" correspond to "past repetitions of views of hands". The common aspect is that "foreign hands" as well as "own past hands" cannot be controlled by (own present) motor signals. In that respect they are somehow virtual hands.

The assignment of the significance "past", and thereby the invention of the concept of "explicit time" (such as "yesterday") on the phenomenal level of consciousness leads to "non-real-time processing": a neuronal process running at time t1 "signifies" a process at t2. Non-real-time processing is most prominently manifest in human language. Indeed one finds the locus of treatment of own/foreign hands ("mirror neurones") in monkeys at a brain region which corresponds in humans to the Broca language area. This has nothing to do with "gesticulation as a forerunner of human language". Rather, the decisive point is the common logical structure of the pairings "own/foreign hand" and "present/past hand".

One will still have to talk about the use and benefits of a concept of "time".

zur 30. Woche 2009

Gehirn und Niere  Brain and kidney

Beauftragt man das Gehirn, eine Darstellung eines hier auf dem Tisch stehenden Glases Bier zu liefern, so würde man ganz naiv eine Art Abbildung erwarten, vielleicht auch noch eine Kälteempfindung beim Anfassen, und wenn man ohnehin gerade Durst hat, die beim Trinken damit einhergehenden Empfindungen. Bemerkenswert ist dabei, dass weder das Auge, noch die Hand, oder Mund und Rachen mit dargestellt werden. Es ist dieses eine Darstellung auf dem Niveau des Bewusstseins, in der auch die verarbeitenden Neurone nicht vorkommen. Genauer besehen, würde man vielleicht Hand, Mund und Rachen noch teilweise mit wahrnehmen, auf keinen Fall aber das Auge. Auch wäre ein Zeitverlauf eher nebensächlich oder würde überhaupt nicht dargestellt. Die Abwesenheit der verarbeitenden Strukturen, vor allem der neuronalen Tätigkeit, macht einen Teil des Konzepts der "Objektivität" aus: das Ding ist so, wie es ist, egal wie man sich die entsprechenden Kenntnisse verschafft hat.

Auch die Niere erfasst, was ein Glas Bier ist, denn sie reagiert auf das Trinken mit einer hochstrukturierten zellulären Aktivität, an der man vermutlich das Trinken von Kaffee und von Bier unterscheiden könnte. Es würde aber nicht gelingen, eine "Nieren"-darstellung des Glases Bier zu erhalten, in der die Niere, und deren zelluläre Aktivität, überhaupt nicht vorkommt. Selbst wenn man versucht, sich zu einer solchen Denkfigur zu zwingen, indem man vielleicht ausschließlich Unterschiede in der Zellaktivität für Bier und Kaffee zur Grundlage nimmt, dann wäre doch kaum denkbar, dass man auf diesem Wege zu demselben "objektiven" Ergebnis käme wie im ersten Absatz dieses Textes. Wieviel ist diese erstere Objektivität denn dann noch wert?

Die erstere Darstellung ist sehr wohl viel mehr wert, denn sie stammt aus dem Bewusstsein, das auf einer Innensicht meines eigenen Gehirns beruht. Dieses ist zwar eine unverstandene, aber doch immerhin  biologisch etablierte Einrichtung, wohingegen ich auch nicht ansatzweise imstande bin, eine Innenansicht meiner Niere, "nach Bewusstseinsart", hervorzubringen.

Brain and Kidney

If the brain is asked to produce a representation of a glass of beer standing here on the table, one naively would expect a kind of image, in addition perhaps a sensation of cold via the sense of touch, and if one is thirsty, the accompanying sensations while drinking the beer. One notes that neither the eye nor hand, mouth or throat appear in this representation. It is a representation on the level of consciousness in which also the executing neurones do not appear. Upon a closer look, perhaps hand, mouth and throat may partly appear in the perception but certainly not the eye. Also, a time course would play a minor role or would be absent altogether. The absence of the elaborating entities, in particular of the neuronal activity, is an important part of the concept of "objectivity: The thing is as it is, irrespective of the way how one has acquired the knowledge.

The kidney, too, is able to "grasp" what a beer is since it reacts with a highly structured cellular activity which certainly allows to distinguish the drinking of coffee and of beer. However, one would not succeed to get a "kidney-type" representation of a glass of beer that is totally devoid of the kidney and its cellular activity. Even if one attempts to apply such a figure of thought by force, for instance by focussing on differences between cellular activities for coffee and beer, it seems unlikely that the outcome would be the same as the "objective" image in the upper paragraph. So, what is the real value of that former "objectivity"?

There is very well a much greater value of the former "objectivity" because it originates from consciousness which rests on an inner perspective of my brain. After all this is a biologically established device albeit non-understood. In contrast, I am absolutely unable to bring about an inner perspective of my kidney in the manner of consciousness.

zur 29. Woche 2009

Autismus autism

Autistische Personen haben ein gestörtes Sozialverhalten, womit man zumeist dessen emotionale Anteile meint, aber oft haben sie auch hochspezialierte Fähigkeiten in einem engen Bereich. Die hinter einer positiven Gemütsbewegung stehende Idee ist ja, die betreffende Situation weiter aufrechtzuerhalten, oder sie erneut herbeizuführen. Deshalb könnten Gemütsbewegungen, auch die negativen, etwas zu tun haben mit der Verfestigung synaptischer Pfade, die bei der Situation gerade durchlaufen wurden (siehe auch den vorigen Hirnbrief). Das allgemeine Wohlergehen hängt ja sehr davon ab, wie gut man das Verfestigen von Synapsen organisiert. Jeder normale Mensch kann Synapsen, die sich gerade verändert haben, entweder einzeln, oder "mit der Gießkanne" gemeinsam verfestigen (oder auch überhaupt nicht), wobei diese Vorgänge vielleicht auch unterschiedliche Dauerhaftigkeiten haben, oder beide nacheinander ablaufen können. Zunächst ist dabei jedoch keine soziale Komponente ersichtlich.

Betreibt man Verfestigungen vor allem per Gießkanne, dann kann es dafür nicht Millionen unterschiedlicher Verfahren geben, sondern nur einige hunderte, die dann auf dem Niveau des Bewusstseins als Gemütsbewegungen oder Emotionen erscheinen. Diese wenigen kann man über irgendwelche Verhaltensäußerungen leicht an Artgenossen übertragen. Der Vorteil ist, dass die betreffende Situation selbst nicht mit übertragen werden muss; vielmehr muss der Artgenosse dieser ebenfalls ausgesetzt sein, so dass er sie als Sinnessignale aufnehmen kann. Die Sinnessignale, gemeinsam mit der übertragenen Emotion, zeigen dem Artgenossen dann, dass ein vielleicht hochgeschätzter Kollege den Umgang mit dieser Situation als "dauerhaft abzuspeichern", d.h. als "erfreulich" eingestuft hat; danach kann er sein eigenes Verhalten richten. Hier sieht man, wie die soziale Komponente hereinkommt.

Beim Menschen spielen Gesichtsausdrücke dabei insofern eine besondere Rolle, als ein riesenhaftes Hirnrindengebiet für den erforderlichen Detailreichtum eingesetzt wird. Dass diesem in der nichtneuronalen Welt nur ein einige Quadrat-Dezimeter großer Teil des Kopfes entspricht, "weiß das Gehirn nicht". Würden an einem ebensogroßen Rindengebiet andere Körperteile hängen, würden Gemütsbewegungen mit derselben Vielfalt übertragen können. Allerdings müßten sie auch ebensogut von Artgenossen beobachtbar sein. Das Gesicht ist halt von vornherein zumeist auf Augenhöhe, und kann in einem relativ kleinen Gesichtsfeldwinkel komplett erfasst werden.

Vielleicht ist bei den Autisten das Gießkannenverfahren zu schwach ausgeprägt, so dass so ziemlich jede in Frage kommende Synapsenveränderung einzeln verfestigt wird. Das geht ja auch. Diese speziellen Verfahrensspuren haben dann so viele Parameter, dass sie für jedes Individuum anders strukturiert sind, und sich nicht in allgemeinverständliche Gesichts- oder sonstige Verhaltensmotorik, mit hinreichend wenig Parametern, übersetzen lassen. Aber immerhin, das Individuum ganz allein für sich kann Synapsen verstärken, so dass es allerlei neuronale Prozeduren durch Erfahrung verbessern kann.

Autism

Autistic persons have a disturbed social behaviour which mostly refers to the emotional components of the latter, but often they also have some highly specialized ability in a narrow domain. The idea behind a positive emotion is to perpetuate the pertinent event, or to bring it about again later. Therefore emotions (also the negative ones) might be related to the solidification of synaptic paths that have just been used during the processing of the event (see also the preceding Hirnbrief). The general well-being depends to a large extent on the clever organisation of synaptic solidifications. Any normal human can solidify synapses either individually or more globally, in common with many others, or not at all. These solidification processes may have different durabilities, or may also occur one after the other. Anyhow, up to this point a social component is not apparent.

If solidification processes are more global, there cannot be millions of different processes of this type but only hundreds of them. Signals derived from them can relatively easily be transmitted, by some behaviour, to conspecifics. The advantage is that the pertinent event itself need not be transmitted as well; rather, the conspecific must be exposed to the same event so that is take it up by his senses. These sense signals, plus the transmitted emotional signals, show the conspecific that a (possibly highly estimated) colleague judges his treatment of the event as worth to be long-term memorized, i. e. to be pleasant, so that he/she can adjust its own behaviour. It becomes apparent how a social component comes in here.

Facial expressions play a particular role insofar as a giant area is devoted to the processing of their large amount of detail. However "the brain does not know" that all this processing is related, in the non-neuronal world, to the front part of the head measuring a few square-decimetres. Suppose that some other body parts would be linked to an equally large cortical area, emotions could be transmitted with the same quality and diversity. However, for that they would also have to be observable by conspecifics as easily as faces whose advantage is that they are mostly located at the height of the observer's eyes, and they can completely be captured within a restricted visual angle.

Global modes of synaptic solidifications can be expected to occur earlier in ontogeny; in a hierarchical way more special modes may evolve later. Perhaps the autist's
global mode is weakened or absent so that all their synapses, modified by some recent experience, have to be solidified individually. Every normal human also disposes of this possibility. With this method, one can certainly render durable some very intricate paths. However, in general they will strongly differ in each individual.  A common sensory experience of two individuals will then look very different on the neuronal and synaptic levels. Also, the synaptic traces of specialized multiparameter processes cannot be translated into facial expressions that are generally understood. Yet, for him/herself the autistic individual can learn, so that he/she can improve the efficiency of many neuronal procedures by experience.

zur 28. Woche 2009

Gemütsbewegung Emotion

Einer Gemütsbewegung liegen vermutlich Signale zugrunde, die nur wenige Parameter enthalten. Eine Freude ist eine Freude, es kann nur noch viel oder wenig davon geben. Es sollen ja gerade die verschiedensten Anlässe zur Freude zusammengezogen werden auf diesen einen Begriff. So gibt es vielleicht einige Dutzend Gemütsbewegungen, wohingegen die Kategorie "Objekt" durchaus 100000 Mitglieder haben kann. Im Gegensatz zu vielparametrigen Prozessen sind wenigparametrige oftmals sehr alt, und sicherlich oft auch bei der Geburt schon vorhanden. Wegen der geringen quantitativen Anforderung sollten sie sich relativ gut in Verhaltenssignale übersetzen lassen, die für Artgenossen interpretierbar sind.

Auf dem neuronalen Niveau sollen die Signale der positiven Gemütsbewegungen bewirken, dass man die jeweils verursachende Situation versucht, fortzuführen, zu verstärken, oder später erneut herbeizuführen, während man sie in den negativen Fällen zu beenden, abzuschwächen bzw. ins Gegenteil zu verkehren, oder später zu verhindern versucht. Gemütsbewegungen sind kein Selbstzweck; vielmehr liegt nahe, dass sie in sehr allgemeiner Form mit der Verfestigung von zuletzt benutzten neuronalen Pfaden zu tun haben.

So weit sind Gemütsbewegungen rein neuronale Prozesse, die zunächst nicht unbedingt eine soziale Funktion haben, denn Synapsen verfestigt man ganz für sich allein. Sofern sie interindividuell übertragbar sind, erfassen Artgenossen damit, welche Situationen um mich herum ich als gut oder schlecht einstufe, und können, wenn sie sich in derselben Situation befinden, meine Beurteilung bzw. meine Handlungsweisen übernehmen. Wenn sie "Ekel" bei mir beobachten, und ich aufhöre, zu fressen, können sie ebenfalls aufhören zu fressen, obwohl wir alle noch Hunger haben. Auf dem neuronalen Niveau fehlt jedoch die Symmetrie zwischen mir und Artgenossen (siehe Hirnbrief der vorigen Woche). "Ich bin zornig" und "er ist zornig" bleiben zwei unterschiedliche Vorgänge.

Gemütsbewegungen erscheinen aber beim Menschen auch als phänomenale Gehalte auf der Bewusstseinsebene, wo die ansonsten in weit größerem Ausmaß die als objektiv (d.h. interindividuell symmetrisch konsensfähig) aufgefasste Außenwelt dargestellt ist. Dadurch wird ihr sozialer Charakter verfestigt. Die ich/er-Symmetrie der Gemütsbewegungen, die man auf diesem Niveau vorfindet, bleibt jedoch wegen des Zusammenhangs mit dem Bewusstsein naturwissenschaftlich unerklärt.

Emotion

Emotions are founded on neuronal signals that seem to have only few parameters. Enjoyment is enjoyment; there can be more or less of it. The different origins of enjoyment are concentrated and funneled into a single notion. There are perhaps a few dozens of emotions, whereas the category "object" can well have 100000 members. In contrast to processes relying on many parameters those relying on few of them are often very old, and may be present even at birth. The low quantitative burden allows relatively easily to translate them into behavioural signals that can be interpreted by conspecifics.

The purpose of positive emotional signals, on the neuronal level, is to attempt to continue or to reinforce the pertaining situation, or later to bring it about again, whereas in the negative cases the aim is a cessation or a prevention. Emotions are not ends in themselves, rather, within the framework of learning processes they seem to be related to the solidification of the latest-used neuronal paths.

So far emotions are purely neuronal processes without necessarily having a social function: synaptic solidifications are done by oneself. However, if they can be transferred interindividually, conspecifics can grasp whether I estimate a given situation as good or bad, and if they are exposed to the same situation they can take over my judgment or my behaviour. When they observe my disgust so that I cease to eat, they may stop eating as well although we altogether are still hungry. However, on the neuronal level the symmetry between me and the conspecifics is lacking (see last week's Hirnbrief). "I am angry" and "he is angry" remain two different processes.

In humans the emotions appear also as phenomenal contents on the level of consciousness where, apart from that, the "outer world" appears to a much larger extent. There is interindividual symmetrical consensus about the outer world (a pencil for me is also a pencil for him). This general character of the phenomenal level also solidifies the social character of emotions. Yet, the I/he-symmetry of emotions found on the phenomenal level remains unexplained just as consciousness as a whole.

 

zur 27. Woche 2009

Zwei Sorten von Sozialverhalten Two types of social behaviour

Damit ich (eine Ratte) mich vermehren kann, muss ich meine Artgenossen erkennen, und darf sie nicht mit Eichhörnchen verwechseln. Ich brauche dafür jedoch nicht zu erkennen, dass ich selbst ebenfalls eine Ratte bin. Daraus ergibt sich der erste, einfachere Typ von Sozialverhalten. Ein Artgenosse ist neurotechnisch ein Mitglied einer großen Familie von sensorischen Erregungsmustern. Mein Nervensystem erkennt diese Mitglieder und ihr Verhalten, und setzt daraufhin entsprechende Prozeduren in Bewegung. Zahlreiche Lernprozesse spielen dabei eine Rolle, wobei die Festlegung "Ratte" wohl besser schon genetisch geschehen sein sollte. Ich brauche dafür keine Begriffe wie "ich" oder "Bewusstsein", die in der gewöhnlichen Naturwissenschaft nicht verankerbar sind.

Versuche ich jedoch, mit Hilfe einer rein sensorisch produzierten neuronalen Darstellung meiner selbst zu erkennen, dass ich ebenfalls eine Ratte bin, dann bemerke ich, dass ich damit die Gesamtheit meiner eigenen neuronalen Prozesse bei weitem nicht erfasse, und vor allem, dass mir von einem Artgenossen diese Gesamtheit grundsätzlich nicht zur Verfügung steht, vor allem nicht seine neuronalen Motorikkommandos. Das ist das Hauptproblem. Aus meiner Sicht, neurotechnisch gesehen, kann ich einem Artgenossen nicht ähneln, sondern bin eine Art Unikum, das imstande ist, Artgenossen zu erkennen.

Ein Nebenproblem ist, dass ich noch nicht einmal nur die Sinneserregungen, die ich von mir selbst bekomme, zur Deckung bringen kann mit denjenigen, die ich von Artgenossen erhalte: Bei mir finde ich zahlreiche Muskelspannungs- und Tastsignale, die ich von Kollegen nicht bekomme. Andererseits existiert mein Rücken visuell nicht. Dieses Nebenproblem haben die Affen mit ihren Spiegelneuronen geknackt, weil sie ihre Handbewegungen visuell steuern, und dabei auf die visuelle Ähnlichkeit mit fremden Händen, und vielleicht dem ganzen Körper, gestoßen sind.

Die Sinnessignale machen bei mir (nun ein Mensch) nur 1/1000 meines gesamten Signalgebrodels aus. Weder kann ich mein ganzes Gebrodel als Modell für meine Artgenossen nehmen, noch die von ihnen kommenden Sinnessignale allein als Grundlage für eine Vergleichbarkeit von ihnen mit mir. Eine Zündkerze kann nicht ein Modell für ein Auto sein, und auch nicht das Umgekehrte.

Um "Ich bin eine ebensolche Person wie andere" darzustellen, brauche ich mein Bewusstsein, das ohnehin alles glattbügeln muss, was neurotechnisch wegen meiner Innenperspektive nicht geht. Diese Person "ich" gibt es nur auf dem phänomenalen Niveau des Bewusstseins. Auf diesem Niveau kann es symmetrische Sozialbeziehungen zwischen mir und jemandem anderes geben: "zornig" kann ich ebensogut sein wie er, oder ich und zwei Kollegen können eine Beute gerecht auf uns drei aufteilen. Die ich/er-Symmetrie ist jedoch klassisch-naturwissenschaftlich ebenso unverständlich wie das Bewusstsein überhaupt.

Die Botschaft ist: Ein Sozialverhalten, das "mich" als vergleichbar mit Artgenossen voraussetzt, ist von grundsätzlich anderer Natur als wenn einfach nur die Artgenossen mir als neuronalem Unikum gegenüberstehen.

Two types of social behaviour

I (a rat) must be able to recognize my conspecifics in order to reproduce, and not confuse them with squirrels. However, for this I need not recognize that I am a rat as well. This leads to the first, simpler type of social behaviour. Neurotechnically a conspecific is a member of a large family of sensory excitation patterns. My nervous system recognizes these members and their behaviour, and upon this it launches adequate procedures. Many learning processes are involved, although the fact that rats are my conspecifics should better be fixed genetically. I need no notions such as "I" nor a "consciousness" which cannot be anchored in common neuroscience.

However, if I try, on the basis of a purely sensory representation of myself, to recognize that I am a rat as well, I note that I am far away from capturing the totality of my neuronal processes. I also note that I have no access to a comparable amount of signals in conspecifics. In particular, all motor signals are lacking. This is the main problem. From my viewpoint, there cannot be a neurotechnical similarity of myself to a conspecific. Rather, I am a kind of unicum which is able to entertain special relationships to rats.

A secondary problem is that I cannot even match solely the sensory signals originating from myself with those originating from conspecifics. In myself I find many tactile and muscle tension signals that I do not receive from colleagues. On the other hand, my back is visually inexistent. Monkeys have cracked this secondary problem with their mirror neurones because they control their hand movements visually. Thereby they came across the visual similarity of foreign hands, and possibly whole bodies.

Sensory signals are only 1/1000 of my total neuronal activity (I am a human now). Neither can I take all that latter activity as a model for my conspecifics, nor can the sensory signals coming from them be a basis for a comparison with me. Neither can a car be a model for a spark plug, nor the converse.

In order to represent "I am a person just as other ones" I need my consciousness which anyhow must straigthen everything that goes wrong because of my inner perspective. The person "I" only exists on the phenomenal level of consciousness. On that level there can be symmetrical social relationships between me and someone else: He can be angry in the same way as I can be angry, or two colleagues and I can divide a haul into three equal parts.  However, this I/he-symmetry cannot be understood within the framework of classical neuroscience, in the same way, anyhow, as the entire pIn order to represent "I am a person just as other ones" I need my consciousness which anyhow must straigthen everything that goes wrong because of my inner perspective. The person "I" only exists on the phenomenal level of consciousness. On that level there can be symmetrical social relationships between me and someone else: He can be angry in the same way as I can be angry, or two colleagues and I can divide a haul into three equal parts.  However, this I/he-symmetry cannot be understood within the framework of classical neuroscience, in the same way, anyhow, as the entire phenomenon of consciousness.

The message is: a social behaviour that assumes "me" to be similar to conspecifics is fundamentally different from the simple case that the conspecifics are opposed to me, being a neuronal unicum.

zur 26. Woche 2009

"Zeit" im abgeschlossenen System    "Time" in a closed system

Wenn man in der klassischen Mechanik ein völlig abgeschlossenes System beschreibt, dann muss man zum einen die potentielle Energie in Abhängigkeit von allen Koordinaten einsetzen, und zum anderen die kinetische Energie, die in der einen oder anderen Weise aus den Impulsen oder auch Geschwindigkeiten der einzelnen Elemente berechnet wird.

Für einen Beobachter ist eine "Geschwindigkeit" immer etwas, zu dessen Ermittlung zwei Zeitpunkte erforderlich sind, die freilich vielleicht nur durch ein infinitesimales Zeitintervall getrennt sind. Trifft das auch zu sozusagen für das System selbst? Ist in dem System selbst immer der Zustand eines Moments und derjenige des infinitesimal vorangegangenen sozusagen präsent, oder materialisiert? Oder kann etwa ein Impuls, so, wie auch eine Ortskoordinate, "an sich" auch zu einem einzigen Zeitpunkt im System enthalten (nicht aber messbar) sein? In anderen Worten: Kann ein Impulswert zu einem einzigen Zeit punkt existieren, selbst wenn damit festliegt, dass dann zu einem Nachbarzeitpunkt kein davon völlig unabhängiger Wert existieren kann?

Natürlich weiß ich, dass ich keine wissenschaftlich fundierten derartigen Aussagen machen kann, sondern auf Messungen angewiesen bin. Dem ist aber immer entgegenzuhalten, dass das Gehirn, neurowissenschaftlich betrachtet, noch nicht einmal die Identität zweier numerisch, auf 6 Stellen hinter dem Komma identischen Messwerte feststellen kann: die Ablesungen werden immer deutlich unterschiedliche Erregungsmuster zur Folge haben, und ein Mechanismus, der rauschfrei festlegt, dass diese beiden Muster irgendwie zu ein und derselben Klasse, oder einem "Attraktor" gehören, ist neurowissenschaftlich ebenfalls unmöglich zu konzipieren. Also wird es ein Problem von derselben Natur geben, wenn man zu zwei aufeinanderfolgenden Zeitpunkten an zwei Orten eine Geschwindigkeit messen will.

Könnte man aber aus diesem gedanklichen Sumpf die Idee herausfiltern, dass das System selbst, und jetzt meine ich das Gehirn von innen als klassisch-mechanisches System gesehen, dass es sehr wohl die in ihm enthaltenen Impulswerte zu einem Zeitpunkt materialisiert, dann wäre die Idee gerechtfertigt, dass das System selbst, sofern es abgeschlossen ist, sozusagen aus seiner eigenen Innensicht, überhaupt keinen Zeitbegriff braucht, weil alles in einem jeden Momentanzustand enthalten ist.

Siehe auch den vorigen Hirnbrief (25. Woche).
 

"Time" in a closed system

In a description of a completely closed system, within classical mechanics, appears the potential energy depending on coordinates, and the kinetic energy which depends on momenta or also velocities of the participating elements.

For an observer a "velocity" requires always two points in time (possibly at an infinitesimal mutual distance) in order to measure it. Is this also true for the system itself? Does a system always materialise a given instantaneous state, and the infinitesimally preceding one? Or can a momentum, just like a point in space, also exist at one single point in time (but not be measurable), even when the infinitesimally neighbouring value cannot be independent of it?

Of course I know that these sentences are not scientifically founded. Rather, one has to rely on measurements. However, one has to bear in mind that the brain at the neurophysiological level cannot even state the identity of two measured digital values that are identical up to the 6th digit after the decimal point. The two readings will always produce clearly different excitation patterns. It is impossible to conceive a neural mechanism that stipulates, without noise, that these two patterns belong to the same class, or attractor. Thus, a similar problem will arise when a velocity is to be measured at two successive instants at two loci.

However, if one could filter out of this notional mud that the system itself (now I refer to the brain as seen from within, as a classical mechanical system) materiialises at one instant the values of all the momenta of itself, then the idea would be justified that, if it is striclty closed, it needs no concept of time because everything is contained in each instantaneous state.

See also the preceding letter from week 25, 2009

zur 25. Woche 2009

Freier Wille     Free will

Der Freie Wille ist hauptsächlich ein Zeitproblem: Ich führe eine Fingerbewegung aus, die ich selbst frei beschließe, d.h. auf meinem phänomenalen Niveau erscheint die Meldung, dass es keinen Vorläufer zu diesem Beschluss gegeben hat. Auf dem neuronalen Niveau ist das sicherlich nicht der Fall.

Nun ist eine Besonderheit großer Gehirne der geringe Umfang von deren Ein- und Ausgangssignalen im Verhältnis zum inneren Signalverkehr. Es ist deshalb nützlich, als idealisierte Übertreibung ein völlig isoliertes Gehirn zu betrachten. ("Neurokosmos"; in dieser Webseite siehe "Hirnbrief zur 21. Woche 2009" in den Archiven, oder Punkt 8 unter "Varia".) In einem solchen System, klassisch mechanisch aufgefasst, kann bekanntlich einem einzelnen momentanen Zustand die gesamte zeitliche Entwicklung des Systems entnommen werden. Also wäre auch enthalten, und zwar zu allen Zeiten, bis in alle Ewigkeiten, dass in ihm zu einem bestimmten Zeitpunkt ein neuronales Fingerbewegungskommando ablaufen wird oder ablief. Freilich würde, wegen der vollständigen Isolation, sich kein Muskel bewegen, aber immerhin, der Vorgang wäre rein intrazerebral, und für den freien Willen wäre man ja schon ein wenig zufrieden, wenn man sagen könnte, dass es niemals, auch nicht indirekt vor langer Zeit, einen Außenwelteinfluß gab, der dieses Fingerkommando verursacht hat. - Bis hierhin ist die gegebene Beschreibung eine rein naturwissenschaftliche.

Das Hauptproblem ist, dass das System selbst intern "der Ansicht sein" müßte, dass es Einzelzustände nacheinander durchläuft, d.h. die übliche (phänomenale) Ansicht über die a-priori-Natur der Zeit müßte zur Anwendung kommen. Das ist zwar sinnvoll für die gewöhnliche Naturwissenschaft, bei der die die Dinge von außen angeschaut werden, aber die Innensicht in einem abgeschlossenen System enthält keinen Sachpunkt, der eine solche Sicht nahelegen würde. Vielmehr "ist alles schon immer da", auch ein "momentanes" Muskelkommando, so dass es eigentlich gar keine Zeit gibt.

Sobald die Isolation des Systems (für das menschliche Gehirn, wie gesagt, in geringem Maße) aufgehoben wird, finde ich in meiner Innensicht ein Bewusstsein und sein phänomenales Niveau vor. Auf diesem erscheint "die Zeit", "jetzt", und es erscheinen sequentiell ablaufende Einzelzustände, die wiederum den freien Willen im Schlepptau haben.

Anstatt also den freien Willen als unverträglich mit einer Art Flott-daher-Neurowissenschaft zu erklären, muß man mit Sorgfalt die Auswirkungen eines geringfügigen Isolationsverlustes auf die Innenbeschreibung der Signalinhalte des Gehirns untersuchen, um zu sehen, wie der Zeitbegriff hereinkommt.

Free Will

Free will is essentially a problem of time: By a free decision, I execute a finger movement, i.e., on my phenomenal level appears a signal saying that there was no forerunner of that decision. Certainly this is not the case on the neuronal level.

A special feature of large brains is the small amount of input and output signals, as compared to the internal signal traffic. Therefore it is useful to consider, as an idealized exaggeration, a completely isolated brain ("neurocosmos"; in this website, cf. "Hirnbrief zur 21. Woche 2009" in the archives, or point 8 in "varia"). It is well known that in such a system, taken as a classical mechanical system, one can derive the complete temporal evolution of the system from one instantaneous state. Thus, such a state also contains forever that at a certain instant there will be (or there has been) a neuronal command to move a finger. To be sure, there would be no muscular movement because of the isolation. Yet, the process would be entirely intracerebral, and, with regard to the free will, one might already be moderately satisfied because, at no instant, and not even indirectly, or a long time ago, there was an influence from the outer world that has caused the movement command. - Up to here the description is based on pure science.

The main problem is that the system itself would have to "adopt the view" that it runs sequentially through individual states, i.e. the usual (phenomenal) view of an a-priori nature of "time" would have to be applied. This makes sense for common natural science in which things are observed externally. In contrast, the inner aspect of a closed system offers no hint for such a view. Rather, everything is there since ever, including an "instantaneous" muscular command. There is no time in such a system.

As the isolation is destroyed (to a small extent, as stated, for the human brain) I find, as an internal view, a phenomenal level of consciousness on which appears "time", "now", and temporal sequences of individual states which in turn bring along the free will.

Instead of declaring the free will as incompatible with a rapid-and-easy neuroscience, one has to examine cautiously the effects of a small loss of isolation on the internal description of the signal contents of the brain, in order to see how the concept of "time" appears.

zur 24. Woche 2009

Taucherbrille Diving goggle

Füllt man Wasser in eine große, über beide Augen reichende Taucherbrille, dann wird dadurch der Beitrag der durchsichtigen Augenhornhaut zur fokussierenden Gesamtbrechkraft des Auges zu Null gemacht. Wie auch beim gewöhnlichen Sehen unter Wasser sieht man unscharf.

Um scharf zu sehen, kann man eine Brille mit hinreichend starker positiver Brechkraft vor die Taucherbrille setzen. Der Unterschied zum normalen Sehen ist, dass sich bei Blickwendungen die Brillengläser nicht mitdrehen. Versucht man, ein 30° seitlich liegendes Blickziel durch eine Blickwendung in die Fovea zu bringen, dann verschiebt sich das ganze Bild nur um ca. 20°, d.h. man erreicht das Blickziel nicht. Die Korrektur-Blickwendung für die verbleibenden 10° wird auch wieder zu kurz, so dass das Blickziel immer noch ca. 3° von der Fovea entfernt ist.

Das Besondere ist, dass man diesen Defekt nicht bemerkt; die angeschauten Szenen erscheinen normal und stabil, obwohl man ja eigentlich bei jeder Blickwendung eine erhebliche Bildverschiebung sehen müsste. Wenn man darauf achtet, bemerkt man den Defekt schließlich doch, deshalb kann man die Sache nur prüfen, wenn man jemanden durch die Taucherbrillenoptik schauen lässt, der diesen Text nicht gelesen hat, und den man um einen Bericht über das Gesehene bittet.

Mit einer "Unterdrückung" der Bildverschiebung kann man den Effekt natürlich nicht ernsthaft erklären. Vielmehr berührt man mit diesem simplen Versuch das ungeklärte gigantische Problem, wie es möglich ist, dass zeitlich wechselnde Szenenfolgen auf dem phänomenalen Niveau des Bewusstseins als  identisch erscheinen können. Freilich hat man das Problem bei jeder alltäglichen Blickwendung, aber gegenüber diesem hat sich die Neurowissenschaft im Lauf von über 100 Jahren ein dickes Fell zugelegt.

Siehe hierzu auch im Archiv den Hirnbrief zur 8. Woche 2009

Diving goggle

If water is filled into a large diving goggle covering both eyes, the focussing contribution of the cornea is annihilated so that a blurred vision results, just as it also occurs when one sees under water.

With sufficiently strong positive spectacles in front of the goggle one can refocus the image. However, in contrast to normal optics, the spectacles do not rotate with the eyeball when one turns the gaze. If one attempts to bring a visual target located 30° laterally into the fovea, the effect is that the executed eye movement displaces the image by only 20°, i.e. the gaze does not reach the target. To cover the remaining 10°, a correcting eye movement again will be too short so that a residue of about 3° still remains.

The special feature is that one does not note the defect; the viewed scenes appear normal and stable, although on a scientific basis one would expect a considerable image shift accompanying each eye movement. Yet, if one pays attention to the effect one finally becomes aware of it. Therefore one can only examine the effect by asking another person to see under the condition of the diving goggle optics. That person should not have read the present text, and just be asked to report what he/she saw.

To say that the image shift is "suppressed" is no explanation but just a colloquial way to express that it is not understood. Rather, this simple experiment touches the unexplained gigantic problem of how a temporal sequence of changing retinal images can lead to the appearance, on the phenomenal level of consciousness, of a constantly identical scene. To be sure, the very same problem is present at every common change of gaze direction. However, neuroscience has evolved, since more than 100 years, a considerable immunity against this question.

See also "Hirnbrief zur 8. Woche 2009" in the Archives.

23. Woche ---

zur 22. Woche 2009

Ich-Konzept 2   Concept of "I" #2

(siehe auch Archiv Hirnbriefe, 14. Woche 2009)

Zwei Sorten von "Ich" finde ich auf dem phänomenalen Niveau meines Bewusstseins vor. Diese werden oft miteinander vermischt, weil sie beide "ich" heißen. Zum einen meint man die subjektive Perspektive "Ich-erlebe-die-Welt", deren Besonderheit ist, dass sie vor meiner Geburt und nach meinem Tod nicht existiert. Zum anderen meint man damit zwischen all den anderen phänomenal repräsentierten Entitäten der Außenwelt dasjenige Ensemble von Signalen, das diejenigen Arme, Beine und Körper umfaßt, die ich lebenslang niemals in weiter Entfernung sehen kann, von denen ich Tastsignale empfange, und das, wenn ich Motorkommandos aussende, damit korrelierende Sinnessignale produziert. Gemeinhin drückt man dies weniger umständlich als "mein Arm", oder "mein Bein" aus, oder man sagt "körperliches Ich", aber dann vermischt man dieses "Ich" mit dem erstgenannten. Zum letzteren Ich gehört auch "mein Gehirn" als Körperorgan.

Das Problem ist so ähnlich wie wenn man mit einem Fotoapparat in einen Spiegel hineinfotografiert, so dass die Kamera mit auf dem Foto zu sehen ist, und man dann den Fotoapparat selbst mit dem von diesem aufgenommenen Bild des Apparats in Beziehung setzen will. Das "'Ich-erlebe-die-Welt'-Ich" entspricht der Kamera, und vor allem ihrer Funktion, Bilder machen zu können. Das "körperliche Ich" entspricht dann einem der zahlreichen Fotos, das diese Kamera machen kann. Dennoch ist dieser Vergleich mit Vorsicht zu genießen, weil die Kamera, im Gegensatz zum "'Ich-erlebe-die-Welt'-Ich" ein materielles Objekt ist. Vermutlich kann man nichts Allgemeingültiges sagen über Beziehungen zwischen einerseits einer Registrierfunktion (hier z.B. "Fotos machen"), und andererseits demjenigen registrierten Inhalt (z.B. dem Foto der Kamera), das genau die technische Substruktur zeigt, mit der die Registrierung vorgenommen wurde.

Aber es wäre schon mal eine nützliche Übung, herauszufinden, welche Elementn einer wirklich relevanten Beschreibung von Fotoapparat + Spiegel + Foto vorkommen müßten, damit die Natur der o.g. Verwechslung absolut deutlich wird. Einfach nur die optische Abbildung und die Registrierung auf dem Film zu beschreiben, würde nicht ausreichen. Warum genau kann das Bild der Kamera nicht fotografieren, und was müßte "mitfotografiert" werden, damit sie es könnte? Ist die Zeitachse das Problem? Würde es helfen, wenn die Kamera einen bewegten Film aufnähme?

Concept of "I" #2

(see also Archiv Hirnbriefe, 14. Woche 2009)

On the phenomenal level of my consciousness I find two types of "I". Often they become mixed up because both are called "I". On the one hand it means "I-experience-the-world" which is a perspective, and which is peculiar insofar as it does not exist before my birth or after my death. On the other hand, the ensemble of arms, legs and body is meant which never can be experienced to be located at a great distance, which delivers tactile signals, and which delivers sensory feedback signals when I give motor commands. Usually this is expressed less clumsily as "my arm" etc, or one says "bodily I" or "bodily self", but then a mixing up has been done. The brain as an organ also belongs to the latter category.

The problem is similar to the following one: One uses a camera to take a photo into a mirror, so that the camera is depicted on the photo, and then one tries to relate the real camera with the depicted one. The "'I-experience-the-world'-I" corresponds to the camera, and in particular to the function of being able to take photos. The "bodily I" corresponds to one out of many photos the camera can take. Yet, the comparison must be considered with care because the camera, in contrast to the "'I-experience-the-world'-I" is a material object. Probably no generally valid statements can be made about the relationship between, on the one hand, a recording function (e.g. "to take photos"), and on the other hand, the recorded contents (e.g. the photo of the camera) that shows exactly those substructures that have been used for the recording.

However, it would be a valuable exercise to find out which elements must appear in a really relevant description of the camera + mirror + photo -problem so that the nature of the confusion really becomes apparent. A simple description of the optical process and the recording on the film would not be sufficient. Exactly why the image of the camera is not able to take photos? and what would have to be "photographed" in addition, to make this possible? Is the time axis the problem? Would it be better to take an animated movie?
 

zur 21. Woche 200

 Time and the isolated brain (the "neurocosmos")

No other cell type than (idealized) neurones can be connected in series, with convergence and divergence. This feature in turn allows to connect neurones at least hypothetically to form a completely closed network - the "neurocosmos".

It is well known that the temporal evolution of a classical closed (even very complex) system can be deduced from a complete set of instantaneous values of certain internal variables. Thus, if one was able to measure all these internal variables in an isolated brain at one instant, one would know how the whole brain evolves in time. This is a statement given by a scientist who studies the system in question. However, seen from the system itself, one might say that an instantaneous state of a closed network exactly materialises its own temporal evolution. There is no noise. I take the argument literally: time is this atemporal materialisation. However, all this seems senseless in a closed, non-interacting system.

The human brain can be viewed as being nearly but not exactly isolated, because of the small numbers of its input and output fibres. The effect of external influences is that the ideal senseless "time" that is materialized by the internal brain variables does not match the kind of time that is used in science. Of course, the difference originates from the "explicit time dependency" of the external influences.

For a human brain it appears suitable to begin with considering it as a closed system, and in a second step to see how it copes with the non-ideal leaky situation. This perspective is better suited to understand the nature of consciousness because it encompasses the view from within. An external input signal must be considered by the brain as "spontaneous", because it is no consequence of the actual internal brain states.

Is it possible to understand the organization of the entities appearing on the phenomenal level of consciousness (this is what humans consider essentially to be "the world") as an attempt of the brain, so to speak, to "save the idea of isolation"? The non-isolated brain might seek for supplementary but hypothetical parts of itself which fulfil the condition that "brain plus supplements" form a larger isolated system. The outcome of this is the physical cosmos, and our scientific "time" is the time materialised by that larger system.

zur 20. Woche 2009

Frage nach Kausalfolgen des Bewusstseins Question: Causal consequences of consciousness

Ist es denkbar, dass es Erregungen im Gehirn gibt, deren einziger Zweck ist, bestimmte phänomenale Gehalte im Bewusstsein aufscheinen zu lassen, und deren Rolle man grundsätzlich nur so verstehen kann? Wenn man also die phänomenalen Gehalte des Bewusstseins ignoriert, weil sie ja in der Naturwissenschaft nicht verankert sind, dann würde man den Sinn solcher Erregungen überhaupt nicht verstehen. Nicht aus praktischen Gründen, z.B. weil das Gehirn zu komplex ist, sondern grundsätzlich würde eine naturwissenschaftliche Untersuchung derartiger Erregungen keinerlei Zusammenhang mit anderen Entitäten der Wissenschaft ergeben können. Ist so etwas möglich? Ein gewisser Verdacht fällt auf den Zeitbegriff.

Wenn das tatsächlich so wäre, dann könnten dennoch diese unverständlichen Erregungen, wie alle anderen Erregungen auch, kausale, naturwissenschaftlich fassbare Auswirkungen haben. Diesen könnte man dann den langgesuchten Nutzen des Bewusstseins zuschreiben. Wohlgemerkt dürfte ein solcher Nutzen nur dann erkennbar sein, wenn man die phänomenalen Gehalte mit einbezieht; ohne letztere blieben für einen Naturwissenschaftler auch die genannten kausalen Auswirkungen sinnlos.

Wer darüber nachdenkt, soll bedenken, dass für die Beziehung zwischen phänomenalen Gehalten und neuronalen Prozessen keinerlei der Naturwissenschaft entstammende Einschränkungen angenommen werden müssen.

Question: Causal consequences of consciousness

Is it conceivable that there are excitations in the brain whose only purpose is to make appear certain phenomenal contents of consciousness, and whose role can only be understood in this way? This would mean that there would be no way to understand these excitations if one felt obliged to ignore phenomenal contents, because their lack of anchoring in natural science. A scientific investigation of these excitations would not yield any systematic relationship to other scientific entities, not for practical reasons, e.g. because the brain is too complex, but for fundamental reasons. Is this possible? The concept of "time" is suspicious in this respect.

If this was so then, nonetheless, these excitations could have causal effects just as any other excitations. They would be scientifically detectable, and they might then be responsible for the much sought-after causal effects of consciousness. Note that such effects should only be recognizeable if the phenomenal contents of consciousness are included into the considerations. Otherwise these effects should make no sense.

Who ever ponders about this should not assume any limitations (derived from limitations existing within science) for the relationship between neural processes and phenomenal contents.

zur 19. Woche 2009

Netzhaut auf der Stirn Retina on the forehead 

Lichtstrahlen laufen kreuz und quer durch die Welt. Das menschliche Auge enthält eine fokussierende Optik, die ein schmales auseinanderlaufendes Bündel derjenigen Strahlen, die von einem Punkt kommen, auf der Netzhaut wieder zu einem Punkt vereinigt. Aber man könnte ja stattdessen mal ein Stück freiliegende Netzhaut direkt auf der Stirn tragen. Man erhält dann zwar keine Abbildung, aber man könnte dann eine extrem feine Farb-, Helligkeits- und Zeitstrukturanalyse machen, viel feiner als sie in einem jeden Einzelpunkt des Augenhintergrunds möglich wäre. Ein bestimmter Anteil der gesamten Farb- und Helligkeitsverteilung würde sich immer gemeinsam verändern, wenn eine Person vor mir sich bewegt, sich nähert oder sich entfernt. Wiederum davon ein kleiner Anteil würde sich erkennbar verändern (die Lippen), wenn die Person spricht. An solchen Anteilen, mit ihrer Sub-Millisekunden-Zeitstruktur, würde ich die Person, und deren Aktionen, wiedererkennen. Auch hätte ich weniger Probleme mit Augen- oder Kopfbewegungen als im Fall üblicher Augenoptik.

Das ganze Verfahren würde dann mehr einer Geruchsanalyse ähneln. Allerdings ist diese beim Menschen recht schlapp, weil sie ja noch nicht einmal 5 gleichzeitig auftretende Gerüche in ihre Bestandteile zerlegen kann. Gerüche nur unterscheiden zu können ohne weitere Strukturierung ist eigentlich bitter wenig. Die Netzhaut auf der Stirn würde hoffentlich weitere Analysetricks einsetzen, zumal sie ja mit schnell variierenden Daten zu tun hat, im Gegensatz zum Geruch.

Was wäre denn "Raum", wenn das Sehen in dieser Weise funktionierte?

Retina on the forehead

Rays of light run crisscrossing through the world. The human eye contains a focussing optics which reunites the narrow bundle of rays originating from a point to a point on the retina. Instead of this, one might have on ones forehead a large directly exposed retina. Of course, there would not be an image on that retina. However, one could perform an extremely fine analysis of colour, brightness and time structure, much finer than what is possible within one point of a focussed image. A certain spectral fraction of the total illumination would always change together when a person approaches or moves away. A smaller fraction of this (the lips) would change together when the person speaks. I would be able to recognize a person from such spectral fractions and their sub-millisecond time structure. Also I would have less problems with my eye or head movements.

The procedure would resemble a high-level olfactory analysis, much better than the actual human ability of analysing odors which has not much analytical power beyond mere discrimination sensitivity: there is not even a means to identify one out of 5 odors smelled together. Olfaction is slow by principle; the visual counterpart, relying on fast-varying data, might be much more powerful.

What would be the concept of "space" with such a visual system?

zur 18. Woche 2009

Veröffentlichung Publication

Die Gemeinschaft der Forschenden kippt uns folgendes vor die Füße:

Das Bewusstsein sei

- ein Aspekt der Funktionsweise des Gehirns, sagt J. Z. Young;

- das Mitteilungsbedürftige, sagt E. Pöppel;

- der Begleiter dessen, was neu und wichtig ist. Auch sei es eine Art von "lingua

  franca", sagt G. Roth;

- verknüpft mit Rückkopplungssignalen für die sequentielle Handlungsabwicklung,

  sagt R. G. Morris;

- ein Eigensignal des Gehirns für Bewältigung neuer Probleme, sagt H. Lenk;

- ein Mechanismus der Integration vor allem modalspezifischer Signale,

  sagt M. Kinsbourne;

- ein System, das biologische Aufgaben von höherer Warte organisieren soll,

  sagt A. J. Marcel;

- der Inhalt eines globalen Arbeitsspeichers, sagt B. J. Baars;

- sei das Gefühl, das wir über spezialisierte Fähigkeiten entwickeln. Auch sei es

  etwas, das vorwiegend in der linken Gehirnhälfte konzentriert sei;

  sagt M. S. Gazzaniga;

- unter anderem von der Aktivierung von Gefühlen abhängig, sagt A. R. Damasio;

- der Sieger konkurrierender Handlungsentwürfe, sagt D.C. Dennett.

Dabei fehlen hier sicherlich einige, auch berühmte Leute, denn ich habe diese Sammlung hauptsächlich einem Büchlein von H. Lenk entnommen.

Ferner gäbe es (mindestens) ein Reaktions-, ein diskriminatorisches, ein Zugriffs-, ein Steuerungs- und Kontroll-, ein Wach-, ein phänomenales, ein fokussiertes im Gegensatz zu einem marginalen, ein Meta-, und ein Selbst-Bewusstsein.

Veröffentlichungen teilt man ein in druck- und in sauggetriebene. Gewöhnliche Hirnforscher sind mit neuronalen Spines, Transmittern, intrazellulären Signalen, Modellrechnungen oder bilderliefernden Kernspin-BOLD-Signalen befasst. Karrierebewußte junge Leute forschen nicht über das Bewusstsein; sie stehen aus forschungsorganisatorischen Gründen unter Publikationsdruck; niemand "saugt", d.h. niemand wartet auf die endlich niedergeschriebene Erkenntnis.

Hingegen haben vermutlich alle obengenannten Forscher schon ein Buch, oder mehrere geschrieben (..."mein Verleger hat mich ermutigt.."). Der Verleger vertritt die Interessen der Erkenntnis wünschenden "saugenden" Öffentlichkeit, selbst wenn er gar keine Ergebnisse anbieten kann.

Saugt man Wein aus einem großen Fass ab, dann kommt am Schluss nur noch Luft, allerdings begleitet von einem entsetzlich schmaddernden Geräusch.

Publication

The community of scientists throws to our feet the following:

Consciousness is

- an aspect of the functioning of the brain (JZ Young),

- the ensemble of items needing to be communicated (E Pöppel),

- the companion of what is new and important; also it is a kind of "lingua franca" (G Roth),

- related to feedback signals needed for sequential control of action (RG Morris),

- a signal of the brain proper for coping with new problems (H. Lenk),

- a mechanism of integration of modal-specific signals in particular (M. Kinsbourne),

- a system that organises biological tasks by taking a higher viewpoint (AJ Marcel),

- the contents of a global workspace memory (BJ Baars),

- a sensation which we evolve about specialized faculties; and something that is more localized in the left

 cerebral hemisphere (MS Gazzaniga),

- among other things dependent on the activation of sensations (AR Damasio),

- the winner of concurrent action drafts (DC Dennett).

Certainly even famous people are missing in this list because I took the collection essentially from a book by H. Lenk.

Moreover there is (at least) a reaction, a discriminatory, an access, a control, a wakefulness, a phenomenal, a focalised in contrast to a marginal, a meta and a self-consciousness.

Publications are subdivided into presssure- and suction-driven ones. Normal brain researchers are concerned with neuronal spines, transmitters, intracellular signals, model calculations or magnetic resonance BOLD signals yielding activity images. Young people having their carrier in mind do not investigate consciousness. For organisational reasons they are subject to publication pressure. No one "sucks", i.e. no one waits for the long expected finally printed results.

In contrast, probably all researchers mentioned above have already written one or several books (.. my publisher has encouraged me..."). The publisher represents the interests of the "sucking" public that desires knowledge even if he cannot offer new results.

If one sucks wine from a large barrel, at the end only air is pumped, accompanied by an unpleasant slobbering noise.

zur 17. Woche 2009

Schimpanse Chimpanzee

Es gelingt nicht, nachzuweisen, dass ein Schimpanse versteht, was man unter "gestern" versteht, obwohl er ein exzellentes Gedächtnis von zahlreichen gestrigen Vorgängen haben kann, die er aber immer, wie einen Außenweltspeicher, in der Gegenwart ansiedelt, weil der entsprechende neuronale Vorgang des Abrufs ja nur ein gegenwärtiger sein kann. Er muss sie aber in irgendeiner Weise von "echt" gegenwärtigen Vorgängen unterscheiden, und unterschiedlich behandeln. Wenn man die Geschichte der Spiegelneurone (siehe "Varia") kennt, liegt es nahe, anzunehmen, dass ein Schimpanse einen Speicherabruf (sofern ein solcher in dieser Form stattfindet), den ein Mensch als "Ich am gestrigen Tag" auffassen würde, eher so auffasst wie einen fremden Schimpansen, dessen Motorik er ja nicht ansteuern kann, genau so wie es ja auch für ihn selbst als "erinnerten Schimpansen" der Fall wäre. Wohlgemerkt hat der Schimpanse diese Auffassung nur bezüglich der Ähnlichkeit anderer Schimpansen mit ihm selbst, nicht aber bezüglich normalem Sozialverkehr zu echten Artgenossen.

Erst bei der Entwicklung zum Menschen entstand der Mechanismus, der das gegenwärtige Ich kontinuierlich in eine "fremde Person" (d.h. in ein "Ich gestern") umwandelt, und ständig ein neues gegenwärtiges Ich nachschiebt, oder zumindest wurde ihm die phänomenale Vorstellung von "Zeit" zugeordnet.

Dabei tritt dann ein neues Problem auf, nämlich entsteht damit die Möglichkeit, dass im Verlauf der Zeit "nichts passiert", z.B. dass mein ganzes Arbeitszimmer viele Stunden lang sich zeitlich überhaupt nicht verändert. Ohne "die Zeit" hat man diese Sorge nicht, da kann man zwar auf Ähnliches immer wieder ähnlich reagieren, aber es gibt kein ausdrückliches "Nichts-Passieren". Dieses wiederum hängt zusammen mit dem Begriff der Identität (vor allem der zeitlichen), der in der Physik eine Rolle spielt, und der an verschiedenen Stellen innerhalb dieser Webseite behandelt wird.

Chimpanzee

One cannot prove that a chimpanzee understands the meaning of "yesterday" although he may have an excellent memory of processes having occurred yesterday. However, he considers them always as present processes (like an "outer-world memory" such as the half-dug burrow of a rabbit that indicates what the rabbit has to do next) since the neuronal process of recall is a present process. Yet, somehow he must distinguish a really present process from a recalled one. Knowing the story of mirror neurones (see "Varia" within these pages, translation not yet done), one may suppose that a chimpanzee takes a memory recall from "myself yesterday" (if such thing really occurs in chimpanzees) as if it was a sensory impression of a (present) foreign chimpanzee. Note that this does not concern social connections to real conspecifics but only the aspect that in some respects a foreign chimpanzee is similar to oneself. Indeed he may not send motor commands to such recalled signals, exactly as it is also the case for another chimpanzee. The "present I" is continuously changed into a foreign person (i.e., into "I yesterday") while a new "present I" is continuously fed in. It was only during the evolution towards humans that this mechanism evolved, or became associated with the phenomenal concept of "time".

This in turn gives rise to a new problem, namely the possibility that "nothing happens" while time elapses. For instance, my office can remain absolutely unchanged during several hours. Without "time" there is no such concern: one can react in similar ways to similar situations, but there is no explicit "nothing-happening". This in turn is related to the concept of "identity", in particular along the time axis, which plays a role in physics, and which is treated at other places within this website.
 

zur 15. Woche 2009

Zelle cell

Biologische Zellen leisten normalerweise etwas. Sie empfangen biochemisch-physikalische Einwirkungen, die sie umsetzen in Auswirkungen, die nicht dieselben, aber von derselben allgemeinen Natur sind. Das können Moleküle sein, die in andere umgewandelt werden. Ein- oder Auswirkungen können aber auch mechanische Stöße oder Dehnungen, oder auch Lichtsignale sein. Viele Zellen können ein Organ bilden, in dem in mehreren Stufen komplexe Umsetzungen vonstatten gehen.

Im einfachsten Fall macht eine Zelle aus der Einwirkung A die Auswirkung B, und eine weitere empfängt B und macht daraus C.

Wenn sich nun zufällig ein Zelltyp entwickelt, der aus der  Einwirkung B wieder die Auswirkung B macht, dann ist diese Zelle eigentlich sinnlos; sie leistet nichts. Wenn eine solche Zelle sich zwischen die zwei zuvor genannten Zellen schiebt, dann wird das vielleicht gar nicht bemerkt, so lange sie keine zu großen Verzögerungen hervorruft, sie nicht zuviel Platz oder Stoffwechselenergie braucht. In der Nutzlosigkeit ist sogar inbegriffen, dass mehrere derartige Zellen hintereinandergeschaltet werden können, die die Einwirkung B von einer zur nächsten Zelle weiterreichen. Es ist wie eine Art Krebs, der, solange die genannten Nachteile nicht überhand nehmen, vom ursprünglichen System hingenommen werden kann. Dadurch gewinnen sie ein paar Millionen Jahre Zeit, um sich zu überlegen, ob sie nicht doch irgendetwas leisten könnten.

Sie könnten ja die Kontrolle über den Fluss der Wirkung B erlangen; sie könnten das Durchreichen blockieren, sie könnten aber auch, wenn jede dieser Zellen mehrere Eingangs- und auch Ausgangsportale hat, die Wirkung B in einer Weise auf die Zielzellen verteilen, die die "alten" Zellen allein nicht hätten bewerkstelligen können.

Sich in großer Zahl mitten zwischen zwei Typen von Nieren- oder auch Leberzellen zu schieben, das haben diese Zellen doch nicht geschafft. Vielleicht haben wir dadurch verpasst, eine wirkliche Superniere zu bekommen. Vielmehr findet man diese "Krebs"-Zellen vorwiegend da, wo die Einwirkungen auf Zellen z.B. Lichtsignale, oder physikalische Vibrationen in Form von Schall sind, und wo die Auswirkungen auch wieder physikalischeBewegungen in Form von Muskelkontraktionen sind. Dabei handelt es sich um "Schnittstellen"-Signale zur "Außenwelt". Offenbar kam das System mit der alten Idee, was denn eine richtige "Leistung" einer Zelle sei, mit der Außenwelt besonders schlecht zurecht.

Cell

Usually biological cells have an effect. They receive some influence of a biochemical or physical nature, and they transform it into different effects out of the same categories. In the simplest case a given cell type transforms A into B, and another cell type transforms then B into C.

If by some accident a cell type evolves that receives B and whose output is B as well, then this cell is useless. However, such a cell might be intercalated between the two beforementioned cell types without any great effect. The property of being useless also implies that several of such useless cells can be connected serially so that a kind of "cancer" might evolve that can be tolerated by the organism as far as that there are no undue delays for the final delivery of the effect B, and there are no excessive metabolic or spatial demands. In this way, the "cancer" can survive perhaps for some millions of years until a use is found for it. If each of these useless cells evolves several cellular input and output sites, then these cells might get a tight control over the delivery and distribution of the effect B. Apparently no such cancer was successful in introducing itself into the middle of the kidney or the liver. Rather, one finds it where the input signals are photons or sound vibrations, and the outputs are muscular contractions. Apparently the old idea of what is a "useful" cellular operation did not work very well just for those effects that are related to the "outer world".

zur 14. Woche 2009

Ich-Konzept ? Concept of "I" ?

In einer Rumpelkammer hängt hinter einigen abgestellten Stangen ein Spiegel an der Wand. Ich schaue zwischen den Stangen hindurch in den Spiegel. Ich will ganz vorsichtig und präzise, visuell gesteuert, einen Marienkäfer berühren, der auf einer der Stangen sitzt. Meine Hand kann ich sowohl direkt als auch im Spiegel sehen. Mir stehen zwei Varianten visueller Steuerung zur Verfügung, nämlich erstens die normale, bei der ich das Muskelkommando "hinwärts zu meinem Kopf" in Zusammenhang bringe mit dem direkten Anblick der sich heranbewegenden Hand, oder aber ich bringe dieses Muskelkommando in Zusammenhang mit einer visuellen Bewegung meiner gespiegelten Hand "weg von meinem (tatsächlichen) Kopf". Beim Zähneputzen oder Zahnstochern kann ich nur mit letzterer Variante arbeiten, weil ich die Hand, und die Blickziele im Mund, nur im Spiegel sehe. Freilich muß ich die zweite Variante erlernen, denn die Existenz von Spiegeln ist nicht naturgegeben.

1. Fall. Ich gehe in diese Kammer. Der Marienkäfer sitzt auf der mir zugewandten Seite der Stange. Ich ergreife ihn vorsichtig per Variante 1.

2. Fall: Ich sehe ihn nur im Spiegel, weil er auf  der dem Spiegel zugewandten Seite der Stange sitzt. Ich benutze Variante 2 und ergreife ihn.

3. Fall. Der Marienkäfer sitzt direkt auf meiner Stirn, auf einem kleinen Pflaster, so dass ich ihn nicht spüre. Ich sehe ihn nur im Spiegel und ergreife ihn per Variante 2.

Meine visuelle Steuerungsleistung in den Fällen 2 und 3 ist vom Typ her genau dieselbe. Dennoch gibt es Psychologen, und auch Affenforscher, die einem Affen, oder einem Menschenkind, unbemerkt eine Markierung auf der Stirn anbringen, und feststellen, dass dieser(s) nicht ins Spiegelbild greift, um diese auffällige Marke zu betasten, sondern direkt an seine eigene Stirn, woraus sie dann auf ein vorhandenes "Ich-Konzept" schließen. Und was schließen sie aus der neurotechnisch identischen Leistung, wenn die Marke nicht auf der Stirn, sondern wie im Fall 2 nebendran auf einer Stange sitzt?

Man testet mit derartigen Versuchen nichts weiter als die erlernte Fähigkeit, Spiegeloptik zur visuellen Handsteuerung einzusetzen.

Concept of "I" ?

In a junk room behind some wooden bars leaning against the wall there is a mirror. Thourgh these bars I look into the mirror. I want to touch, very carefully, a ladybug that is sitting on one of these bars. I can see my hand directly and also in the mirror. I dispose of two varieties of visual guidance of my hand. In the normal variety 1 I associate my hand motor command "away from my head" with the hand directly seen as it moves away. In the mirror variety 2 I associate the same motor command with the mirror image of my hand that approaches my (real) head. When I brush my teeth I can only use variety 2 because the brush is not visible directly. I have to learn variety 2 because mirrors do not occur in nature.

Case 1: I step into that room. I see the ladybug facing towards me while sitting on one of these bars. I take it carefully using variant I to visually guide my hand.

Case 2: I see the ladybug on the bar only in the mirror because it is sitting on the side facing the mirror. I take it using variety 2.

Case 3: The ladybug is sitting on my front on a small plaster so that I do not feel it. I see it only in the mirror and I take it using variant 2.

The type of control performance is the same for case 2 and 3. Yet there are psychologists, or ape researchers, who unnoticeably put a mark on the front of an ape, or of a human child, and then, when placed in front of a mirror, they observe that the ape or the child do not reach into the mirror but directly to their own front in order to touch that conspicious mark. Upon this they conclude that the ape, or the child, masters the "concept of I". - And what do they conclude from the neurotechnically identical performance, when the mark is on a bar next to the face, as in case 2 ?

What is tested in such experiments is the presence of the learned ability of visuomotor hand control relying on mirror optics.

zur 13. Woche 2009

Geld money

Die Idee, dass es in der Außenwelt Objekte gibt, findet man nur auf dem phänomenalen Niveau des Bewusstseins vor. Auf dem neuronalen Niveau gibt es nur Prozeduren, wie z.B. Fahrradfahren, die ohne Bewusstsein funktionieren, und wo keine Objekte vorkommen. Z.B. den Fahrradlenker gibt es in einer solchen Prozedur nicht als "Objekt", das auch abgeschraubt werden könnte, um damit einen bissigen Hund zu erschlagen, und der vor allem auch existiert, wenn meine Neurone nicht mit ihm befasst sind. Vielmehr "existiert" er in der Prozedur nur im Kontext meiner Tätigkeit "Radfahren", indem er die handsensorischen Signale beim Anfassen des Lenkers liefert, und die das Ziel der Handmotorik beim Drehen des Lenkers sind. Derart eingebunden wird er vom Neurophysiologen, der das menschliche Gehirn neuronal untersucht, vorgefunden.

Um sich das Problem beim Verständnis des Konzepts des "Objekts" vor Augen zu führen, stelle man sich vor, dass ein Wissenschaftler nicht weiß, welches die Bedeutung von Geld ist. Er kann nur die oftmals vorkommenden runden Metallstücke erkennen, und soll nun durch Beobachtungen aller Art Regeln herausfinden, die irgendwie mit dem Auftreten, und irgendwelchen Bewegungen, dieser Metallstücke zusammenhängen. (Geldscheine, Banken und finanzielle Papier- und Bildschirmtransaktionen lassen wir mal weg.) Z.B. würde er vielleicht bemerken, dass Menschen, wenn man sehr viele von ihnen betrachet, im Durchschnitt mehr runde Metallstücke zu Hause haben, wenn sie gut gekleidet sind als wenn sie schlecht gekleidet sind. Dann aber sieht er eine schlecht gekleidete Person, z.B vor einer Kirche, die ab und zu ein Geldstück von verschiedenen Leuten bekommt, aber ihrerseits keines herausgibt. Auf dem ersten Blick passt das nicht zusammen. Weiterhin gäbe es Leute, die kurz nacheinander in einem Büro Geld bekommen. Man müsste dann herausbekommen, dass dieses Arbeitslöhne sind, die ausgeführten Arbeiten aber höchst unterschiedlich sind. Wieviele Stücke diese Leute bekommen, würde u.a. von einer z.T. lange zurückliegenden Lehrzeit abhängen.

Der Wissenschaftler könnte auch regelrechte Versuche machen (die freilich sehr lange dauern würden, aber das ist hier nicht der Punkt), wenn er z.B. ahnt, dass es so etwas wie Arbeitslohn gibt, indem er wiederholt dieselben Arbeiten vergibt, und Geldstücke dafür hergibt, und schaut, die Leute darauf reagieren, und was sie mit dem Geld tun. Es wäre sehr schwierig, auf diese Weise durch Beobachtung herauszubekommen, welche Regeln für den Verkehr dieser Metallstücke gelten. Heftig zu kritisieren wäre der Wissenschaftler, wenn er Versuchspersonen aus isolierten Urwaldstämmen mit Geld in Kontakt brächte, und bei der Untersuchung von deren Hirnaktivität von vornherein davon ausginge, dass diese Leute über Geld Bescheid wüßten.

So geschieht es allerdings, wenn die Sehfähigkeit von Ratten oder Katzen neurophysiologisch in Hirngebieten untersucht wird, in denen schon ein Viertel oder gar die Hälfte von eventuellen Verarbeitungsetappen von sensorischem Eingang zu motorischem Ausgang zurückgelegt wurde. Dass das Konzept des Objekts aus zahlreichen Prozeduren herausgefiltert werden muss, leuchtet dem Wissenschaftler nicht ein, weil er es ja auf dem phänomenalen Niveau seines eigenen Bewusstseins schon fertig vorfindet. Und so nimmt er es her, um visuelle Analysen von Tieren zu verstehen, indem er Lichtreize wie Objekte auffasst, und betrachtet dann die Einbindungen in Prozeduren bestenfalls als sekundär.

Na ja, vielleicht denken die Finanzfuzzies ja genauso. Kein Wunder, dass da so einiges schiefläuft.


Money
The idea of "objects" existing in an outer world is only found on the phenomenal level of human consciousness. On the neuronal level there are only procedures such as bicycle riding which operate without consciousness, and where no "objects" occur. For instance the handle bar does not exist in such a procedure as an object which might also be screwed off in order to slay a biting dog, and, in particular, which also exists when no neurone is concerned with it. Rather, it only exists within the procedure of
my activity of bicycle riding, by yielding the hand tactile signals from holding the handle bar, and by being the target of my hand motor signals for turning it. Embedded in this way it is found by the neuroscientist who investigates the human brain.

To better illustrate the problem of understanding the concept of the object, one may imagine that a scientist ignores the significance of money. He/she is only able to recognize the round metal pieces. Now he/she shall find out the rules that govern the appearance and the movements of these metal pieces. (For simplicity we omit banks, bank notes and all paper- or computer-based transactions.) Perhaps he/she would note that on average those people who are well-dressed have more metal pieces at home than ill-dressed ones. But then he/she observes a rather ill-dressed person in front of a church that sometimes receives such pieces from different people but does not give them off. At first sight these observations do not fit each other. Then he/she observes that several people one shortly after the other obtain such pieces in an office. He/she would have to find out that there is a relationship to (very different) work having been done, and that the quantity delivered depends on learning periods many years ago.

The scientist might also do real experiments (it is not relevant here that they would last very long time), if he/she guesses that there might be something like a wage. He/she might then offer repeatedly the same jobs, and give money for them, and observe how the people react, and what they do with the money. It would be difficult to find out the significance and the rules governing the circulation of the metal pieces in this way. One would heavily criticize a scientist who would bring some isolated virgin forest population in contact to money, and who, when analysing their brain activity, would assume from the very beginning that these people have our common understanding of money.

However, it is done in this way when visual abilities of rats or cats are investigated neurophysiologically in brain areas that are already half way (or quarter way) through from sensory input to a possible motor output. Usually the scientist does not see that the concept of the object has to be filtered out of a number of procedures, because he/she finds that ready-made concept on his/her phenomenal level of consciousness. Thus, he/she takes that concept as a basis to understand visual neuronal analyses of animals, by offering light stimuli as if they were objects. At best, an embedding into procedures is considered to be secondary.

Possibly those who govern our financial system think in similar ways. No wonder that something gets out of hand.

zur 12. Woche 2009

Schule school

Vorzugsweise diejenigen Lernvorgänge, die jedes Lebewesen nach der Geburt in ähnlicher Weise durchlaufen muss, werden im Laufe von vielen
Generationen in den genetischen Code übernommen. Dem neuen Lebewesen steht die betreffende Fähigkeit dann viel schneller und ggf.
risikoloser zur Verfügung, als wenn es selbst die Erfahrung erneut machen müßte. Es übernimmt sozusagen die von den Vorfahren erlernten
Prozeduren. Beim Abruf hat das neue Lebewesen keine Wahl, ob es diese Lerninhalte übernehmen will oder nicht; z.B. kann es nicht wählen, ob
es gleich nach der Geburt sehen will, indem es einige grundlegende Umbauten der Hirnrinde für diesen Zweck aus dem genetischen Code
übernimmt, oder aber lieber im Laufe von 2 Jahren durch Lernen ein Stück neutrale Basishirnrinde mit einer von ihm selbst gewünschten
besonderen Sehfähigkeit ausstattet. Um einen schnellen Zugang zur Sehfähigkeit zu haben, ist das neue Lebewesen also gezwungen, sozusagen
so zu sehen, wie es die Vorfahren als brauchbar herausgefunden haben.

Das schulische Lernen hat sehr viel mehr Ähnlichkeit mit einer plötzlichen Übertragung des von Vorfahren Erlernten, als mit dem Erlernen einer Fähigkeit wie z.B. dem Radfahren. (Freilich sind einige solche Komponenten auch dabei.) Beim schulischen Lernen werden die unzähligen Lernschritte, die die Vorfahren zu durchlaufen hatten, um die Lerninhalte in Erfahrung zu bringen, nicht mit übertragen, bzw. müssen nicht erneut durchlaufen werden, so dass das schulische Lernen eher eine Ähnlichkeit mit dem Übertragen von Lerninhalten in den genetischen Code, jedoch in millionenfach beschleunigter Form, hat.

Rein neurotechnisch können beide Lerntypen von Nervennetzwerken realisiert werden, nur ist die Belohnung oder Bestrafung in nachteiligen Fällen, die die lerninhaltstragenden Synapsen verfestigt, nicht dieselbe. Beim schulischen Lernen muss sie der Lehrer irgendwie liefern, sie können zumeist nicht verknüpft werden mit den Nachteilen, die sich aus dem Nicht-Gelernt-Haben im Alltag ergeben würden.

Wenn Schüler nun schon nicht alle Lebenserfahrungen selbst machen, dann können sie nur, wie im Fall des genetischen Codes, diejenigen
übernehmen, die andere vor ihm gemacht haben. Dadurch wird schulisches Lernen notwendigerweise autoritär; erst müssen die Schüler die
Lerninhalte übernehmen, die weitestgehend von anderen für ihn bestimmt wurden, dann können sie eventuell wählen, welche sie für sich als
maßgeblich erachten wollen. Ließe man die Schüler das zu Erlernende auswählen, dann entspräche das im Fall des genetischen Codes, dass sie
ihre Eltern selbst auswählen.

School
After birth each living being has to run through a number of learning processes. Some of these processes may be similar for each individual and for many generations so that they slowly will be taken over into the genetic code. The newborn individual can then benefit much faster from the corresponding ability, without taking risks, by taking over the experiences made by the ancestors. The individual has no choice of whether or not it will rely on such inherited knowledge. In the case of seeing, it has to take over some purposeful genetic modifications of the basic cortical connectivity, so that it can see immediately after birth; it is not allowed to individually modify a piece of virgin cortex, by
learning to see during two years, so that some individually desired visual capacities result. Thus, in order to have a rapid access to the ability to see, the being is obliged to see in a way that has been found out by the ancestors.

Learning at school has much more in common with an (a million times accelerated) transfer of contents learned by the ancestors via the genetic code, than with the real learning by oneself of a new faculty, such as bicycle riding. (Yet, some components of the latter type also are present at school.) Pupils need not run through the numerous learning steps required for learning a faculty by themselves.

Both types of learning can neurotechnically be realized by neuronal networks. There is only a difference in the role of the reward, or the punishment in disadvantageous cases, by which the contents-carrying synapses are solidified. At school the teacher must somehow provide praise and blame
that take the role of rewards and punishments; however, mostly these are totally unrelated to the punishments that would result from ignorance in actual life.

Since pupils cannot learn everything themselves by practical experience, they
first must take over the experiences made earlier by others, and only thereafter they may choose which ones they actually use. In this way, school teaching is authoritarian by principle. Were it otherwise, it would correspond, in the genetic case, to children who select their parents.

zur 11. Woche 2009

Neuronales und phänomenales Niveau. "Intelligent design"

Vergleicht man neuronal verständliche Abläufe beim Sehen, oder beim Betrieb eines Gedächtnisses, mit den Vorgängen, die man auf dem
subjektiven phänomenalen Niveau des Bewusstseins vorfindet, dann fällt auf, dass die neuronalen Vorgänge in erheblichem Ausmaß (freilich
zwangsläufig) mit dem Individuum verknüpft sind, in dem die Prozesse laufen. Hingegen sind die phänomenalen Gehalte des Bewusstseins
gekennzeichnet durch den Versuch, eine möglichst weitgehend vom Individuum, von seinen Interessen und Lebensumständen unabhängige Welt darzustellen. Beim Sehen entsteht eine löcherfreie Wahrnehmung zwar immer noch von der Perspektive des Individuums aus, aber zumindest ein in der Nähe befindliches Individuum könnte eine ziemlich ähnliche Wahrnehmung haben, wohingegen das unbewusste Sehen nur Prozesse
enthält, wie z.B. den Fuß visuell gesteuert über ein Hindernis heben, oder mit einem bestimmten Detail auf der Netzhaut gar nichts tun, was
für zwei Individuen ziemlich verschieden ausfallen kann. Motorische Signale, die ja immer individuell bleiben, kommen phänomenal gar nicht
erst vor. Die Niere macht gar nicht erst den Versuch, einen halben Liter Bier, den sie gerade bearbeitet, als unabhängig von ihrer eigenen Existenz zu "repräsentieren".

Für das normale (d.h. das prozedurale) Gedächtnis ist "die Vergangenheit" etwas ganz anderes als die Gegenwart, nämlich etwas, das
gegenwärtige Vorgänge beeinflusst. Nur gegenwärtige Vorgänge sind überhaupt Vorgänge. Hingegen wird es auf dem phänomenale Niveau
geschafft, die Vergangenheit erscheinen zu lassen als etwas, das irgendwie so ähnlich aussieht wie die Gegenwart, freilich auch hier wieder ohne die Motorik, die ja stets nicht nur mit dem Individuum, sondern auch mit der Gegenwart fest verknüpft bleibt: Erinnertes kann man nicht mit
(gegenwärtigen) Motoriksignalen beeinflussen.

Umgekehrt aber bleiben die phänomenalen Gehalte sozusagen im Individuum gefangen. Es läßt sich objektiv nicht feststellen, dass jemand eine bestimmte Wahrnehmung hat, sondern man kann nur Spuren von neuronalen Prozessen feststellen.

Fertig geworden ist das Ganze beileibe nicht. Die Amerikaner, die in zunehmender Anzahl von "intelligent design" reden, müssen angesichts einiger Merkwürdigkeiten im phänomenalen Bereich von "moderate intelligence" ausgehen, während Darwin sich in aller Ruhe zurücklehnt und weiterarbeitet. Man kann doch nicht, wenn man knallhart "Intelligenz" fordert, zufrieden sein mit dem einen Niveau, auf dem ein entfernter Gegenstand kleiner aussieht als derselbe in der Nähe, und dann noch einem höheren, auf dem man "weiß", dass sie gleich sind, und noch einem anderen Niveau, auf dem derselbe Gegenstand, wenn er hinter mir liegt, irgendwie undeutlicher erscheint als wenn ich ihn anblicke, und noch undeutlicher, wenn ich mich nach einem Jahr an ihn erinnere. (Dennoch sei all dieses zugleich "identisch".) Oder dass beim Zerbrechen eines Stabes zwar ein Geräusch entsteht, aber schon kurz danach die auditiven und die visuellen Welten auseinanderklaffen, weil auditiv der Bruch phänomenal nicht weiter dargestellt wird. Schließlich ist ja ein Gutteil der Zeit Nacht.

Na ja, da ist wohl die Idee auf dem Vormarsch, dass halt gerade das, was momentan vorliegt, von maximaler Intelligenz zeugt, was auch immer
es sei. Dann kann ja auch gleich jedermann das Abitur machen.

Neuronal and phenomenal levels. Intelligent design

If one compares the neuronally comprehensible processes of seeing or of memory storage and retrieval, to those found on the phenomenal level of consciousness, then one notes that the neuronal processes are (inevitably) linked to the individuum in which the processes run. In contrast, the phenomenal contents of consciousness are characterized by the attempt to present a world that is largely independent of the interests and life circumstances of the individual. To see consciously is to see a hole-free world albeit still depending on perspective. However, at least a person next to oneself might have a rather similar perception. In contrast, unconscious seeing encompasses only processes such as to lift the foot over an obstacle by visual guidance, or to do nothing with a detail falling on the retina, which can be very different for two individuals. Anyhow neuronal motor commands remain strictly linked to the individual do not appear phenomenally. The kidney does not even attempt to "represent" a pint of beer as existing independently of the kidney'a existence while it processes the beer within its tissue.

For the normal (i.e. the procedural) memory "the past" is something very different from the present, namely it influences present processes. Anyhow, only present processes are processes at all. In contrast, on the phenomenal level the past appears as something that looks somehow similar to the present, again without traces of motor signals. The latter remain closely linked not only to the individuum but also to the present: recalled events cannot be influenced by (present) motor signals.

Conversely the phenomenal contents remain emprisoned in the individual: objectively one cannot state that someone has a particular perception. Rather, one can only find traces of neuronal processes.

The whole system is by no means completed. Americans who increasingly talk about "intelligent design" must accept a "moderate intelligence" behind all this in view of some strange features in the phenomenal realm, while Darwin calmly continues to work. One can absolutely not be satisfied, if one claims "intelligence", by a level on which a remote object appears smaller than the same object in proximity, and then a higher one, on which one "knows" that the size is constant, and still another level on which the object somehow appears indistinct when it is located behind me, and still more indistinct when I recall the object after a year. (Yet all this is experienced as "identical".) Or by the fact that a breaking stick elicits a noise but shortly thereafter the auditory phenomenal level fails to represent the broken stick anymore. Apparently it did not occur to someone that there is night for a good deal of the time.

Thus, the idea seems to make progress that just the situation as it actually is, whatever it is, is evidence for a maximal intelligence. Then everyone can immediately receive a high school diploma.

zur 10. Woche 2009

Episodisches Gedächtnis episodic memory

Zumeist denkt man beim Stichwort "Gedächtnis" an die Fähigkeit, sich z.B. an einen Wirtshausbesuch vor 3 Tagen zu erinnern, nicht aber an eine erlernte Fähigkeit wie Fahrradfahren. Das erinnerte Ereignis erscheint auf dem phänomenalen Niveau des Bewusstseins als eine Art Bild, das so ähnlich wie ein gegenwärtiges Bild aussieht. Gelegentlich sind auch andere als visuelle sowie sprachliche Komponenten beteiligt. Bewegungen sind meist wesentlich undeutlicher dargestellt, so dass die Erinnerung eher statisch wirkt. Ein rennender Mensch wird zumeist nicht wie eine Filmdarstellung erinnert, sondern eher als eine Art Momentfoto in typischer Rennhaltung.

Neurotechnisch durchläuft bei jeder Gedächtnis-Abruffunktion eine einlaufende neuronale Erregungsverteilung die Synapsen, die die Lerninhalte tragen, so dass die auslaufende Verteilung vom Gespeicherten geformt wird.

Es überrascht deshalb, dass eine Erinnerung, wie man sie phänomenal im Bewußtsein vorfindet, normalerweise keine Spur von ihrem
Auslöser
enthält. Auch enthält sie in vielen Fällen keine Spur davon, zu welchem Zweck die Erinnerung auftritt. Weitere vielleicht trivial erscheinende
Eigenschaften sind, dass einer phänomenalen Erinnerung das Attribut "Vergangenheit" irgendwie anhaftet, obwohl der Erinnerungsvorgang in der Gegenwart abläuft, und dass man ihren Inhalt nicht abändern kann, z.B. indem man die Blickrichtung verändert. Ein erinnertes Haus erscheint vollständig mit Fenstern (es erscheinen keine Löcher in der erinnerten Szene), aber wenn man versucht, Lage, Aussehen oder Anzahl der Fenster objektiv feststellbar zu benennen oder zu zeichnen, dann treten oftmals erhebliche Defekte zutage.

Das epidodische Gedächtnis kann also nicht rein neurophysiologisch verstanden werden.


Episodic memory
Mostly the keyword "memory" reminds one of the ability to recall e.g. a visit of an inn three days ago, rather than of the learned ability to ride a bicycle. The recalled event appears on the phenomenal level of consciousness as a kind of image that seems similar to a present view. Occasionally also other than visual modalities, or language components, participate. Movements are represented relatively vaguely so that a recall seems rather static. A running person is mostly not recalled in a way similar to a movie but rather as a static snapshot in a typical running position.

Neurotechnically for each recall function there is an incoming distribution of neuronal excitations that runs through the synapses that carry the learned contents so that the outgoing neuronal excitations are shaped by the memory contents.

Therefore it is surprising that a recall, as it appears on the phenomenal level of consciousness, does not contain a trace of the trigger of the recall, and often neither a trace of its purpose. There are further
properties that may appear trivial: An attribute "past" is somehow attached to the recalled contents although the process of recall is running at present time. Furthermore, the contents cannot be modified by myself, e.g. by a change of gaze direction. A recalled building appears complete with windows (there are no holes in a recalled scene), but when one tries to objectively name, or draw, the positions, number or appearance of the windows, considerable defects are often revealed.

Thus, episodic memory cannot be understood on a mere basis of neurophysiology.

zur 9. Woche 2009

Unbewußtes Sehen unconscious seeing

Das unbewußte Sehen ist das eigentlich normale Sehen. Auf jeden Fall ist es nur dieses, welches man im Prinzip im Rahmen gegenwärtiger
Naturwissenschaft verstehen kann, wenn wohl auch noch lange nicht in der Praxis. Das unbewußte Sehen  ermöglicht das Heben des Fußes am
Anfang einer Treppe, und vieles mehr, wobei aber kein episodischer Gedächtnisinhalt entsteht. Freilich kann ich auch bewusst die Stufe
wahrnehmen, oder einen jeden Türrahmen, an den ich beim Durchgehen nicht anstoße, und dann kann ich mich auch daran erinnern. Beim
unbewußten Sehen eines Treppenanfangs habe ich keinen Anlass, anzunehmen, dass das Gemälde seitlich an der Wand, dessen Bild auch mit
auf die Netzhaut fällt, zum richtigen Heben des Fußes einen Beitrag liefert. Man würde eine Auswahl des Benötigten annehmen. Das unbewusste Verfahren erscheint einem Ingenieur recht durchsichtig: Er nimmt "die Stufe", nicht aber das Gemälde, als Reiz, und dann gibt es nur noch neuronale Erregungen und Muskelbewegungen. Er findet Lernvorgänge auf bekannter "neurotechnischer" Grundlage vor, mit denen verständlich wird, wie man etwa Stufenhöhen besser einzuschätzen erlernen kann. Unverständliche phänomenale Gehalte wie "die wahrgenommene Stufe" kämen nicht vor.

Der ordentliche Neurowissenschaftler orientiert sich hingegen bei seinen Forschungen üblicherweise am bewußten, aber undurchschaubaren Sehen. (Siehe Hirnbrief 8. Woche "Visuelle Wahrnehmung".) Das muß mal gebremst werden. Man kann doch nur eine Verarbeitung verstehen, bei der man erkennt, wozu sie gebraucht wird, nicht aber diejenige, die auf dem wissenschaftlich unerfassbaren phänomenalen Niveau mehrheitlich irrelevante Details aufscheinen läßt, nur damit keine Löcher in der Welt gesehen werden.

Oder man muß eine erweiterte Naturwissenschaft entwickeln.


Unconscious seeing

In fact unconscious seeing is the normal seeing. Anyhow it is only this mode of seeing that can be understood within present-day neuroscience, although, to be sure, not in practice. Unconscious seeing enables one to lift the foot at the beginning of a staircase, and much more. No episodic memory content is formed. Yet one can, in addition, consciously perceive the step, or each door case which one does not hit when one passes it. Only in such cases one can remember it. When unconsciously seeing the beginning of the staircase there is no reason to assume that the painting on the left side above the staircase contributes to the correct lifting of the foot, although it also is projected to the retina. One would assume a selection of the required items. To the engineer the procedure of unconscious seeing seems quite transparent: He/she takes the step but not the painting as a stimulus. and then there are only neuronal excitations and muscular movements. He/she finds learning processes based on known "neurotechnical" principles that allow to understand how one can improve the estimation of step heigths by learning. Incomprehensible phenomenal contents such as "the perceived step" do not occur.

In contrast, the duly working neuroscientist usually is guided in his/her research on vision by the intransparent conscious seeing. (see Hirnbrief 8. Woche: Visual perception"). This has to be impeded. One can only understand processing principles for which one can recognize a function, but not those that produce largely irrelevant details on the scientifically unaccessible phenomenal level, with the only reason that there should be no holes in the visual world.

Or one has to widen the concept of science
.

zur 8. Woche 2009

Visuelle Wahrnehmung visual perception
Selbst erfahrene Neurowissenschaftler betrachten nur die neuronale Umsetzung des ansonsten scheinbar selbstverständlichen Vorgangs des Sehens als erklärungsbedürftig. Es scheint hingegen niemandem aufzufallen, dass schon das Sehen, wie ein jeder Mensch es selbst empfindet, von höchst unverständlicher Natur ist.

Wenn ich nicht gerade schlafe, oder völlige Dunkelheit herrscht, dann sehe ich immer etwas. Mit Abstand das meiste ist immer wieder dasselbe, nur ändern sich die optischen Perspektiven ständig. Ich sehe so etwas wie ein Bild, womit nicht gemeint ist, dass ein Männlein im Gehirn dieses Bild "anschauen" soll, sondern nur, dass alle seine Teile gleichzeitig erscheinen, im Gegensatz z.B. zu menschlicher Sprache. Trotz der ständig wechselnden Netzhautbilder fasse ich die Vielzahl der konstanten Dinge als identisch (und nicht etwa als "so ähnlich") auf wie einige Zeit zuvor. Von neuen Ereignissen entsteht oftmals ein episodisches Gedächtnis, andernfalls bin ich nicht der Ansicht, diese wahrgenommen zu haben. Erinnerte Inhalte dieses Gedächtnisses, wenn sie konstante Objekte betreffen, werden als identisch angesehen mit einer frischen Wahrnehmung. Wenn es sich um Gegenstände handelt, die mich in keinerlei Hinsicht interessieren, dann entstehen dort keine Löcher im "Bild", sondern das "Bild" erscheint immer als vollständig ausgefüllt. Eine Auswahl dessen, was ich wirklich benötige, findet nicht statt. Ohne ersichtliche Zweckorientierung und Sparsamkeit sehe ich beliebige Objekte; all dieses erscheint in Form von "Wahrnehmungen" auf dem naturwissenschaftlich unzugänglichen phänomenalen Niveau des Bewußtseins.

Da wird ja ganz offensichtlich versucht, die Ergebnisse des Sehvorgangs völlig zu befreien von meinen Handlungszielen, und überhaupt von der
Rolle meines Körpers und vor allem meines Nervensystems, das ja andererseits all dieses irgendwie leisten soll. Das kann natürlich gar nicht gehen auf der Grundlage gegenwärtiger Naturwissenschaft; dafür muß das obskure phänemenale Niveau herhalten. Bis zu Darwins 200. Geburtstag ist die Sache allerdings nicht fertig geworden. Für Änderungen meiner Blickrichtung geht es zwar schon sehr gut, denn tatsächlich nehme ich dabei den Apfelbaum vor mir "phänomenal" als völlig unverändert wahr. Wenn ich jedoch von ihm weiter weggehe, dann sieht er vordergründig doch schon anders aus, aber irgendwie fasse ich ihn doch noch als denselben auf. Wenn er ganz aus dem Blickfeld verschwindet, dann erhalte ich immerhin noch die Ansicht aufrecht, dass er existent sei, so dass, wenn ich ihn erneut erblicke, ich ihn nicht als Neuerscheinung einstufe.

Das Endziel dieses Entwicklungsprojekts wäre ja wohl, dass ich die ganze Welt phänomenal "sehe" unabhängig davon, von wo aus ich gerade schaue. Schon jetzt hat das System sich eine Entschuldigung zurechtgebastelt, warum dieses Ziel auch in 5 Millionen Jahren nicht erreicht werden wird: Dem schwer fassbaren phänomenalen Konzept "Licht" wurde die Eigenschaft untergeschoben, mir keine Wahrnehmungen von zu kleinen zu weit entfernten Dingen liefern zu können, so dass "ich" als Beobachter weiterhin in der Mitte eines Spinnennetzes sitzen muss, sehr zum Ärger der Physiker.

Visual perception

Even experienced neuroscientists consider only the neuronal realisation of the seemingly self-evident process of seeing as requiring an explanation. However, no one seems to note the highly enigmatic nature of "seeing" as such, as experienced by oneself.

I
always see something except when I sleep, or in darkness. Most of what I see, by far, is always the same; only the optical perspectives change. I see something similar to an image which does not mean that a homunculus in the brain has to inspect it but, rather, that all details appear synchronously, contrasting in this respect to human language. Despite the ever-changing retinal images I understand the large quantity of
constant things as identical (as opposed to "similar") to the same things at some time earlier. New events often produce an episodic memory; otherwise I do not consider them as "perceived". Remembered contents concerning constant objects are taken to be identical to a fresh perception of these objects.
No holes appear in the "image" if there are objects that I am not interested in: the "image" always seems completely filled, often with irrelevant objects. There is no selection according to my needs. Without any trace of economy and purpose-orientation all this appears on the scientifically enigmatic phenomenal level of consciousness. The nature of "visual perception", in particular its synchronicity, and its absolute stability, is by no means self evident but rather requires an explanation. As far as one can judge, the neural nature of human vision when consciousness is set aside is much more similar to human language, i.e. it is sequential.

Obviously the scope of the phenomenal level is to attempt to separate the results of the process of seeing from my
aims and interests, and more generally from the role played by my body and by my nervous system. On the other hand, somehow my body and my neurones have to achieve all this. On the basis of present-day science this is impossible; rather, the obscure phenomenal level of consiousness is a bag of non-understood properties. Obviously, the machinery is in the middle of some evolutionary process; unfortunately, it was not ready until the 200th birthday of Darwin. So far only for changes of directions of my gaze it works quite well: indeed I continue to perceive the apple tree in front of me as absolutely constant. However, if I move away from it, superficially it looks different, i.e., it looks smaller.  Yet, somehow I consider it as "the same". If it entirely disappears from my field of view I maintain at least the idea that it continues to exist so that I do not consider it as a new object when I view it anew.

The final aim of this evolutionary project certainly would be that I can "view" the whole world independently of the place from where I am looking. Already now the system apologizes for being unable to reach that goal even in 5 millions years: the awkward phenomenal concept of "light", as it has been introduced some thousands of years ago into my brain, has been equipped with the property of not delivering perceptions to me for too small and too distant objects. Thus
also in the future "I" as an observer cannot be completely removed from the perceptual world. At least for the next 10 millions of years "I" continue to sit in the middle of a cob web, very much to the annoyance of the physicists.

zur 7. Woche 2009

Hirnrinde Cortex

Idealisierte Nervenzellen weisen zwei Besonderheiten auf im Vergleich zu anderen biologischen Bauelementen: zum einen ist es die Möglichkeit, sie mit Konvergenz (viele an eine) und Divergenz (eine an viele) in unbegrenztem Ausmaß hintereinanderzuschalten, und zum anderen ist es die Einbahnrichtung sowie die große Reichweite dieser Verbindungen, wodurch sich die Tätigkeit der Nervenzellen von einer nachbarschaftsbeherrschten Arbeitsweise unterscheidet.  

Die Hirnrinde ist die Wiedererfindung der Nervenzelle auf dem Netzwerkniveau. Das Besondere an der Hirnrinde ist, dass kleine Rindengebiete ("Module" oder "Säulen") unter einer Oberfläche von ½ oder 1 mm² ebenfalls mit Konvergenz und Divergenz (im Prinzip) unbegrenzt hintereinanderschaltbar sind. Während bei der Nervenzelle ein einziges Axon sich aufzweigt, um verschiedene andere Zellen zu erreichen, und ein Dendritenbaum die Signale von vielen Zellen heranholt, sendet ein Modul sehr viele Axone aus, und sehr viele Dendritenbäume in einem Modul empfangen Signale von anderen Modulen.  

Wenn ein derartiges Prinzip streng gültig ist, dann kann ein solches Element (eine Zelle / ein Modul) nicht zugleich eine spezielle Funktion haben (etwa kurze rote Lichtblitze zu bearbeiten), die sich allein aus seiner Bauart ergibt. Vielmehr müssen dann die Funktionen durch die Auswahl der Verbindungen zwischen den Elementen zustandekommen.  

Wenn das genannte Bauprinzip für die gesamte Hirnrinde gelten würde, dann müßte diese überall gleichartig aufgebaut sein, was aber bekanntlich nicht der Fall ist. Vor allem das äußerste für das Sehen zuständige Rindengebiet sieht beim Menschen überhaupt nicht so aus, als ob es für etwas anderes als "Sehen" eingesetzt werden könnte. Vielmehr hat man den Verdacht, dass man ein möglichst zu allem fähiges Gehirn am besten zu bauen beginnt auf der Grundlage des modularen Prinzips. Wenn sich dann zeigt, dass bestimmte Teilaufgaben, wie z.B. das Sehen, über Jahrmillionen hinweg immer wieder dieselben Basis-Lernvorgänge erfordern, so dass das anfänglich prinzipientreu gebaute System gebietsweise immer wieder in derselben Weise verändert wird, dann wird man halt diese stereotypen Veränderungen in den genetischen Kode übernehmen, so dass man schon gleich nach der Geburt sehen kann, und nicht erst nach Jahren, wie es bei der Sprache ist. Bis dieser Trick auch für die Sprache funktioniert, reicht die Zeit bis zu Darwins 10000. Geburtstag bei weitem nicht.  

Die Mitglieder von Arten, die von vornherein das Hirnrinden-Bauprinzip nicht kennen, können wohl dieselben Leistungen auch auf andere Weise erbringen, nur fehlt ihnen ein evolutionärer Geschwindigkeitsvorteil, sobald Neues geleistet werden muss. Damit fehlt ihnen auch die prinzipielle Möglichkeit, Hirngewebe schon zu erzeugen, bevor bekannt ist, wofür es eingesetzt werden soll. In diesem Sinne ist die Hirnrinde wie Geld, das man schon anhäufeln kann, bevor man weiß, wofür man es ausgeben will.  

Der Aufbau der Hirnrinde wird durchaus fleißig untersucht, allerdings spielt dabei kaum eine Rolle, welchen inneren Aufbau ein Modul haben muss, damit es in der genannten Weise einsetzbar wird. Viel schlimmer ist, dass sich die "moderne Hirnforschung" nicht sonderlich für diese fundamtentale Frage interessiert. Vielleicht sind da Leute tätig, die bemerkt haben, dass Geld auch die Möglichkeit beinhaltet, keines zu haben.

Cortex

Among biological building elements idealized neurones are special in two respects: firstly they can be concatenated in series indefinitely with convergence and divergence, and secondly the dominance of neighbourhood relationships is attenuated by the long-distance and one-way connections.

The neocortex is the reinvention of the neurone at a network level. Small domains ("modules" or "columns")  under a surface of ½ or 1 mm² can be linked in series, again with convergence and divergence. In contrast to a single neurone, a module sends out many axons and many dendritic trees receive input from other modules.

If such a principle was strictly valid, then no special function can be attributed to such an element (neurone or module). Rather, different functions must then originate in the connections between these elements. If that principle was valid for the entire neocortex, then the latter should look very similar everywhere. This is not true, however. In particular, the anatomy of the human primary visual cortex does not suggest that its modules might be used for something else than vision. Rather, one entrertains the suspicion that one best  begins to build an omnipotent brain by using the modular principle. If it then turns out that certain tasks, such as "seeing", over millions of years demand always the same basic learning steps, so that the initially strictly principled system locally becomes transformed always in the same way, then such stereotyped transformations will best be transferred to the genetic code. In this way one can see just after birth, while the much newer system of human speech continues to require several years till complete function.


Members of species that do not rely on the above cortical principle may certainly produce the same accomplishments in different ways but they would lack the advantage of evolutionary speed in the case of new demands. Thereby they also lack the possibility to generate cortical tissue before it is known for what purpose it will be used. In that sense the neocortex is like money: one can accumulate it before one knows for what it will be spent.

Although cortical construction principles are assiduously investigated there seems to be no particular interest in the above unique feature of cortical tissue.

zur 6. Woche 2009

Zombie

Früher wollte man den phänomenalen Gehalten des Bewusstseins wenigstens ein Minimum an naturwissenschaftlich fassbaren Eigenschaften
zuordnen, bis hin zu der Idee, es vollständig auf neuronale Prozesse zu reduzieren, nach dem naiven Motto "Was soll es denn sonst sein?". Dabei
wird ganz kühn die andererseits von niemandem bestrittene Erste-Person-Perspektive übersprungen, derzufolge ich dieser andere Mensch, das Tier oder der Apparat sein muss, um diese Perspektive festzustellen. So entstand die Idee, dass andere Leute, und eventuell auch Tiere oder geeignet konstruierte künstliche Systeme ein Bewusstsein haben, einfach nur, weil sie im Rahmen des naturwissenschaftlich (von vielen Personen) Erkennbaren ähnlich gebaut waren, und sich ähnlich verhielten. Eine eigenartig festzementierte Vorstellung vom Wesen der Naturwissenschaft lag dem zugrunde, die man oftmals eher bei Nicht-Naturwissenschaftlern findet.

Das Bewusstsein hängt ja zusammen mit dem phänomenalen Aspekt, dass es ich bin, der die Welt erlebt. Dabei bemerke ich sofort das Problem, dass ich keinerlei Vorstellungen entwickeln kann darüber, was denn mit diesem "Ich-erlebe-die-Welt" vor meiner Geburt gewesen ist, und was damit nach meinem Tode geschieht. Zu diesen Zeiten würde es nur "andere Leute" geben, wie es diese, außer mir, auch jetzt gibt. Geschichten aus Indien helfen nicht.

All diese Leute sind Zombies, womit gemeint ist, dass sie, von außen gesehen, ein ebenso komplexes Verhalten zeigen wie ich, aber in Wirklichkeit gar kein Bewusstsein haben. Rein logisch gesehen können sie gar kein Bewusstsein haben, weil dieses eine zu meiner Innensicht gehörende Eigenheit ist. Dass eine andere Person aus ihrer Sicht ein Bewusstsein hat, kann ich nicht feststellen, und hat im Rahmen gegenwärtiger Naturwissenschaft keine Grundlage. Eine Person kann zwar zu mir sprechen, und daraufhin entsteht bei mir ein bestimmter phänomenaler Gehalt, nämlich die Bedeutung des Gesprochenen, aber das ist nur möglich, weil ich ein Bewusstsein habe. Gemäß gegenwärtiger Naturwissenschaft ist nur feststellbar, dass Schallwellen über Hörzellen auf mein Nervensystem einwirken, und dass die andere Person imstande ist, diese auszusenden. Solche Wellen, die für mich etwas bedeuten, kann ich auch an andere Personen schicken, aber ich kann nicht feststellen, dass sie für diese etwas bedeuten. Ich kann bei der anderen Person nur irgendwelche Reaktionen, ggf. auch wieder ein Aussenden von Schallwellen, feststellen. Da kann man so viel reden, wie man will. Das hilft nichts. Es hilft auch nichts, auf jener Zementgrundlage vorlaute Begriffe wie "Dualismus" zu erfinden oder dessen Gegenteil ("...wie heißt das doch nochmal...?"). Vielmehr wird man die Naturwissenschaft zu erweitern haben, so dass diese wohl kaum noch der gegenwärtigen ähneln wird.

Somit kann ich beim gegenwärtigen Erkenntnisstand ein besonderes Verhältnis zu anderen Menschen, zu Tieren oder zu bestimmten Maschinen nicht darauf gründen, dass diese ein Bewusstsein haben.

Zombie

Formerly one wanted to associate at least some neuroscientifically comprehensible propterties to the phenomenal contents of consciousness, to the point of totally reducing it to some neuronal processes, according to the idea "what else could it be?" Usually disputed by no one, surprisingly here one audaciously skips the "first-person-perspective" of consciousness, which requires that I have to be the other person, the animal or the apparatus in order to experience that perspective. In this way the idea was born that other persons, perhaps animals, or even appropriately constructed artificial devices have, or might have consciousness as well, for the simple reason that their construction and function is found to be similar as it is recognizeable - by several persons - on the level of science. This reasoning was based on a strangely cemented view of the nature of science as it is often found in non-scientists.

Consciousness is related to the fact that it is I who experiences the world. In doing so I immediately note the problem that I cannot develop ideas about the fate of this "I-experience-the-world" before my birth, or after my death. At these times there would only be "other people" as they also exist now, myself excluded. Stories from India do not help.

All these "other people" are zombies which means that they show a behaviour as complex as mine, as observed from outside, but in reality they have no consciousness. On the basis of pure logic they cannot have consciousness because this is a unique feature belonging to me from my inner perspective. I cannot state, on the basis of present-day natural science, that other people, from their viewpoint, have consciousness. Though someone can talk to me, and upon this a certain phenomenal contents arises within me, namely the significance of what the person says. However, this only occurs because I have consciousness. According to natural science one can only state that sound waves have acted on my nervous system via sound receptors, and that the person is able to emit such waves. I also can send such waves that have a significance for me, to other persons. However, I cannot state that they signify something for the other person. I only can establish any reactions which often will be emissions of further sound waves. - One can turn it around as often as one wants. There is no way to consciousness of other persons. Also it does not help, on the basis of the above cement, to prematurely invent terms such as "dualism" or its contrary. Rather, one will have to widen natural science so that it probably will not resemble very much the present one.

Thus, based on present-day knowledge, I cannot found special relationship to other humans, to animals or to certain technical apparatuses on the fact that they have consciousness.

zur 5. Woche 2009

Aufmerksamkeit attention

Auf einer großen wissenschaftlichen Tagung unterhielt ich mich in der allgemeinen Wandelhalle mit dem Forscher X, oder vielmehr ärgerte ich
mich über einige seiner der "modernen Hirnforschung" entstammenden naiven Auffassungen. Auf jeden Fall war ich völlig auf diese Diskussion
konzentriert. Auch hatte ich Durst. Forscher X wollte sich eigentlich gar nicht von der Stelle bewegen. Dennoch landeten wir, ohne dass mir das bewusst worden war, vor einem Getränkestand, von dem ich zuvor keine Kenntnis hatte. Man konnte aber das typische Zischen beim Öffnen vonSprudelflaschen hören, und ein Flaschengeschepper, als ein Stapel Flaschenkästen auf einer Stechkarre herangerollt wurde.

Wohlgemerkt war meine Aufmerksamkeit vollständig auf die Diskussion gerichtet. Von den Signalen, die vom Getränkestand ausgingen, war mir nichts bewußt geworden. Ich würde aber vermuten, dass ich nicht an diesen Stand gelangt wäre, wenn ich keinen Durst gehabt hätte.

Würde hingegen eine durstige Ratte Tropfengeräusche im Keller hören, dann würde man unterstellen, dass diese Geräusche ihre Aufmerksamkeit erregten, und sie sich daraufhin auf die Suche nach dieser Geräuschquelle begäbe. Hätte die Ratte hingegen keinen Durst, dann hieße es, dass sie deshalb den Tropfengeräuschen keine Aufmerksamkeit widmete.

Ich jedenfalls kann diesen Typ von Aufmerksamkeit auch erbringen, wenn ich zusätzlich "anderswie aufmerksam" an einer Diskussion teilnehme. Man erzähle mir nichts von einer angeblich geteilten Aufmerksamkeit, nur um die Einheitlichkeit des Begriffs zu retten.

Vielmehr: Meine Fähigkeiten, abzüglich dieser Diskussionstätigkeit und anderen bewußt ablaufenden Prozessen, entsprechen ungefähr dem, was eine Ratte kann. Das ist vermutlich ziemlich viel, aber niemand weiß, wieviel das genau ist.

 

Attention

During a big scientific conference in the large foyer I discussed with the scientist X. I was fully concentrated on the discussion. And also I was thirsty. Scientist X did not want to move. Yet, after a while we both were standing in front of a beverage booth although I was not conscious of this, and I had no previous knowledge of this place. However, one could hear the hiss of opening beverage bottles, and the clanks of bottles as crates of beverages were brought on a barrow.

Nota bene my attention was fully directed to the discussion, I was not conscious of the noises from the booth, but I suppose I would not have moved to that place if I was not thirsty.

However if a thirsty rat heard the noises of water drips in a cellar, one would  presume that these noises elicited its attention, and upon this the rat would begin to search for the origin of the noises. If the rat was not thirsty, one would say that for this reason the dripping noises did not attract its attention.

In any case I can direct this type of attention in a similar way while in addition I participate in a discussion, being attentive to the latter in some different way. Nobody should tell me that my attention was subdivided, only to save the unitariness of "attention". Rather, all my faculties, diminished by the one required for the discussion, and other consciously running processes, correspond approximately to those of a rat. Probably this is a lot but for humans the extent of unconscious abilities is not known.

zur 4. Woche 2009

Sprache language

Ein Tier mit einem genügend großen Gehirn könnte den Erregungsvorgang, der vom Anblick der Buchstaben "Apfel" herrührt, mit demjenigen von einem tatsächlichen Apfel in Verbindung bringen, und dann bei der neuronalen Weiterverarbeitung mit dem ersteren statt dem letzteren Erregungsmuster weitermachen. Es könnte dieses Muster auch zur Ansteuerung seiner Kehlkopfmuskeln benutzen, und damit strukturierte Luftdruckwellen erzeugen. In einem anderen Tier könnten diese Wellen einen Hör-Erregungsvorgang auslösen, und das Tier könnte sogar erlernen, diese seinerseits mit dem bei ihm direkt entstandenen Apfel-Erregungsmuster in Beziehung zu setzen.

Nur fehlt die Bedeutung "Apfel". Naturwissenschaftlich gesehen bleibt es bei neuronalen Erregungsprozessen und Luftdruckwellen. "A bedeutet B" ist ganz allgemein keine naturwissenschaftliche Beziehung; nur ich aus meiner Innensicht, im Rahmen meines Bewusstseins, kann den neuronalen Prozess beim Sehen eines Apfels, oder der Druckerschwärzeverteilung der Buchstaben "Apfel", oder beim Hören der betreffende Luftdruckwelle mit einem regelrechten Apfel als phänomenalem Gehalt in Verbindung bringen. Die gegenwärtige Naturwissenschaft bietet keine Grundlage, zu erschließen, dass der Absender jener Luftdruckwelle diese, oder deren neuronale Vorläufer, mit der Bedeutung "Apfel" belegt. Denn dazu müßte ich dieser Mensch sein.


Früher hat man gemeint, die menschliche Sprache stelle einen Nachweis dafür dar, dass andere Personen ein Bewusstsein haben. Die Existenz unterschiedlicher Sichtweisen zu diesem Punkt deutet immer auf einen Mangel an Strenge hin. So leicht wird man es sich nun nicht mehr machen können.

Language

An animal with a sufficiently large brain might link the neuronal excitatory process originating from the view of the letters "apple" with that stemming from viewing an actual apple. It might then do further processing relying on the former instead of the latter excitations. It could also use that excitation pattern to activate its throat muscles, and in this way generate highly structures waves of air pressure. In another animal these waves could elicit a neuronal hearing process, and the latter animal might even learn to associate this pattern to the one elicited by an actual apple.

However, what is lacking is the significance "apple". Within the framework of natural science one is left with neuronal processes and air waves. Quite generally "A signifies B" is not a scientific relationship. Only  I from my subjective internal perspective, within my consciousness, can relate neuronal processes stemming from viewing an apple, or from viewing the letters "apple", or from hearing the air waves from the spoken word "apple", to the phenomenal content "apple". Present-day science does not offer a basis to conclude that the person who was the sender of that air wave had associated his/her preceding neuronal processes to the significance "apple". For this, I would have to be that person.

In former times there was the opinion that human language offers evidence for consciousness in other persons. However, different viewpoints existing on that matter, rather, are evidence for a lack of rigor. That easy way out will no longer be acceptable.

zur 3. Woche 2009 (first letter)

"Bedeutung" auf der Zeitachse "Significance" on the time axis

(Frage 1.) "Ich kann in 1 Meter Entfernung von mir einen Stuhl wahrnehmen, obwohl sich an diesem Ort keinerlei Neuron befindet, und dort keinerlei neuronaler Prozess stattfindet. Wie kann das sein?"

Üblicherweise erhält man von Neurowissenschaftlern Antworten, die z.B. auf neuronale visuelle Stereoberechnungen verweisen, oder auf neuronale Motorprozesse, wie z.B. "dort hingehen" oder "Arm ausstrecken", zusammen mit sensorischen Prozessen und zweckmäßig eingerichteten synaptischen Verbindungen. Man hört nichts von einem fundamentalen Problem.

(Frage 2.) "Nachdem ich einen Stuhl in meinem Arbeitszimmer erstmals bemerkt habe, kann ich diesen weiterhin stundenlang als Teil meines Arbeitszimmers wahrnehmen, obwohl zu diesen (späteren) Zeitpunkten keinerlei neuronaler Prozess mit diesem Stuhl befasst ist (siehe "change blindness"). Wie kann das sein?"

Üblicherweise erhält man von Neurowissenschaftlern die Antwort, dass dies überhaupt nicht sein könne. Das sei unmöglich. Bestenfalls wird man aufgefordert, dieses zu beweisen; die visuellen Neurone seien ja ständig aktiv. Auch werden physiologische Gedächtnisprozesse oder Ergebnisse von funktioneller Magnetresonanz in Betracht gezogen.

Problem: Wie kommt es zum Unterschied zwischen diesen zwei Reaktionen?

Die  Bauart  der  Fragen 1 und 2 ist eigentlich gleich. Zuweisungen von geeigneten Bedeutungen neuronaler Erregungen werden im ersten Fall zugelassen, im zweiten als unzulässig erachtet.

Fürchterliches ist  zu vermuten, nämlich dass die meisten Neurowissenschaftler den naturwissenschaftlich ach so unerreichbaren phänomenalen Gehalten der visuellen Wahrnehmung heimlich doch eine naturwissenschaftliche Eigenschaft zuerkennen wollen, nämlich dass diese auf der Zeitachse (nicht aber im Raum) mehr oder weniger parallellaufen mit neuronalen Prozessen.

Im Rahmen des hier vorliegenden Projekts kann man es sich hingegen nicht so leicht machen. Vielmehr werden "Zeit"-Fragen ein wesentlicher Bestandteil zukünftiger Arbeit sein. Kant reicht da nicht aus.

"Significance" on the time axis

(Question 1.) "I can perceive a chair at a distance of 1 metre from me although there is no neurone at that place, and no neuronal excitation takes place there. How can that be?" - Usually neuroscientists, in their replies, refer for instance to stereoscopic distance calculations, or to sensorimotor processes such as "to go there" or "to stretch out the arm", together with appropriately adjusted synaptic links. There is no mention of a fundamental problem.

(Question 2.) "After having perceived a chair for the first time in my office, I can continue to perceive it for hours although at these later times no neurone signals that chair (see "change blindness"). How can that be?" - Usually the reply of neuroscientists is that this can absolutely not be. It is considered to be impossible. At best one is asked to prove that contention; after all, visual neurones are active all the time. Also sometimes physiological memory processes, or results from functional magnetic resonance are considered.

Problem: What is the origin of the difference between these two replies? The structure of the questions 1 and 2 is, in fact, equal. However, in case 1 attributions of appropriate significances are admitted but in case 2 not.

One faces the dreadful fact that neuroscientists in a backdoor way want to attribute at least one scientifically based property to the phenomenal contents of consciousness, namely that they run more or less in parallel with neuronal processes on the time axis, but not in space.

In the framework of the present project that easy way out will no longer be acceptable. Rather, questions about "time" will be an important part of future work. For this, Kant is not sufficient.